Online-Casinos – Schwarze Schafe von legalen Anbietern unterscheiden, geht das?

25. Januar 2022
Mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag soll die Legalisierung von Online-Glückspiel in Deutschland vorangetrieben werden. Bisher wirft dieser jedoch vor allem eines auf: Fragen. Der VSVBB klärt auf, was das Inkrafttreten des Staatsvertrages für Nutzer von Online-Casinos bedeutet.

Mit Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages am 1. Juli 2021 wurde innerhalb Deutschlands erstmalig die Möglichkeit geschaffen, Online-Glücksspiel legal anzubieten. Notwendig ist hierfür jedoch eine deutsche Lizenz der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde. Vor Inkrafttreten des neuen Vertrages war es nur in Schleswig-Holstein möglich, Online-Casinos zu betreiben. Das Bundesland vergab bereits seit 2011 eigene Lizenzen an Casinobetreiber und räumte diesen ein, Online-Glücksspiel für Einwohner des Bundeslands legal anzubieten. Dass Anbieter auf Grundlage des neuen Staatsvertrages bereits eine Lizenz erhalten haben, ist allerdings nicht bekannt. Der VSVBB klärt auf, was dies für Teilnehmer an Online-Glücksspielen bedeutet.

Laut Regelung des neuen Glücksspielstaatsvertrages bedürfen Anbieter öffentlichen Glücksspiels – zu welchem auch Online-Angebote zählen – einer entsprechenden Erlaubnis der zuständigen deutschen Behörde (§ 4 Absatz 1 GlüStV). Für die Übergangszeit zwischen Inkrafttreten des Vertrages und der Etablierung der zu dessen Durchsetzung notwendigen Institutionen und Prozesse, gelten lediglich die in Schleswig-Holstein erteilten Genehmigungen für Online-Casino-Betreiber bis spätestens 2024 fort. Die mit diesen Lizenzen ausgestatteten Casinos können ihre Dienste also auch weiterhin für Einwohner dieses Bundeslandes anbieten.

Was heißt das für die restlichen Betreiber?

Die weit überwiegende Zahl der Online-Casino-Betreiber besitzt keine Lizenz aus Schleswig-Holstein, sondern Lizenzen aus Malta oder anderen Steuerparadiesen und bietet seine Dienste jedem an, der auf deren Website landet. Da der neue Glückspielstaatsvertrag für solche Anbieter keine ausdrückliche Ausnahme bereithält, kann hier zunächst nur davon ausgegangen werden, dass diese Angebote illegal bleiben.

Gleichwohl berichtet der NDR, dass die Bundesländer zu einer Übereinkunft gekommen sind, nach welcher Online-Glücksspielangebote geduldet werden, insofern Anbieter die Vorschriften des neuen Vertrages – soweit ihnen dies technisch möglich ist – einhalten.

Online-Casino Betreiber sind nach der Übereinkunft der Länder unter anderem gehalten, Spielern die Festlegung eines monatlichen Einsatzlimits zu ermöglichen, diesen regelmäßig Übersichten zu Gewinnen und Verlusten zur Verfügung zu stellen und im Rahmen von Automatenspielen höchstens einen Einsatz von einem Euro pro Drehung zuzulassen. Verstoßen Betreiber gegen die Maßgaben der Übereinkunft, wird die zukünftige Erteilung einer Lizenz gegebenenfalls abgelehnt. Die Phase der Duldung soll somit auch als Bewährungsprobe für die Betreiber dienen.

Online-Glücksspiel nun also legal möglich?

Der Beschluss der Duldung ist keineswegs mit einer Erlaubnis gleichzusetzen, sondern bedeutet vielmehr lediglich, dass die Bundesländer gegenüber dem rechtswidrigen Verhalten der Casino-Betreiber die Augen verschließen. Eine Strafverfolgung von Spielern oder Casinos findet also in nicht statt, obwohl die Online-Angebote auch weiterhin strafbewehrt (§ 284 StGB) bleiben. Tatsächlich legales Online-Glücksspiel bleibt somit exklusiv den Einwohnern Schleswig-Holsteins vorbehalten und selbst diesen nur bei solchen Casinos, die über eine entsprechende Lizenz des Bundeslandes verfügen.

Für Spieler bedeutet die Duldung, dass mit einer Strafverfolgung wegen Online-Glücksspiels faktisch nicht mehr zu rechnen ist. Eine eigenständige Kontrolle der Einhaltung der Duldungsbedingungen durch die Spieler kann nach unserer Ansicht weder verlangt werden noch ist Spielern eine solche Kontrolle möglich.

Auch vor Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages kam eine Strafverfolgung von Teilnehmern jedoch äußerst selten vor. Eine solche würde nämlich voraussetzen, dass Spielern die Illegalität des Angebotes nachweislich bewusst ist oder sie diese zumindest billigend in Kauf nehmen. Aufgrund des Verweises vieler Betreiber auf bestehende Lizenzen und der Präsentation von Angeboten in deutscher Sprache, dürfte hiervon im Regelfall jedoch gerade nicht auszugehen sein.

Auch im Hinblick auf die Anbieter bleibt jedoch völlig unklar, wie und ob die Einhaltung der Bedingungen der Duldung kontrolliert werden soll. Die zum Zeitpunkt des Duldungsbeschlusses noch amtierende Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig merkte hierzu an, dass die bestehenden Behörden der Länder wohl kaum ausreichende Kapazitäten aufweisen dürften, um entsprechende Überprüfungen der Betreiber durchzuführen.

Was bedeutet die derzeitige Rechtslage für mögliche Rückerstattungsansprüche?

Festzuhalten bleibt zunächst, dass die weit überwiegende Zahl der Gerichte einen Anspruch auf Erstattungen von Verlusten vor dem 1. Juli 2021 grundsätzlich anerkennt.  Der Bundesgerichtshof untermauerte diese Rechtsansicht, indem dieser feststellte, dass das Verbot des Angebots von Online-Glücksspiel ohne eine deutsche Lizenz nicht gegen den Grundsatz der innereuropäischen Dienstleistungsfreiheit verstößt bzw. – spiegelbildlich – wirksam und rechtmäßig ist (BGH, Beschluss vom 22.07.2021, Az.: I ZR 199/20). Verbrauchern steht somit jedenfalls in Bezug auf Einzahlungen vor dem 01.07.2021 ein Anspruch auf Rückerstattung zu, da Verträge mit Online-Casino-Betreibern nichtig waren und etwaige Zahlungen somit ohne Rechtsgrund erfolgten.

Wie es um Einzahlungen nach Inkrafttreten des neuen Glückspielvertrages steht, bleibt jedoch weiterhin unklar. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass allein die Duldung des rechtswidrigen Verhaltens seitens der Bundesländer die Ansprüche geschädigter Verbraucher nicht ausschließt. Etwas anderes gilt jedoch für eine vor Einzahlung bestehende Kenntnis des Spielers.

Wusste ein Teilnehmer um die Rechtswidrigkeit eines Online-Casino-Angebots, kann dieser Einzahlungen nicht später aufgrund der Illegalität zurückfordern. Schließlich ließ er sich bewusst auf diese ein. Gleiches gilt, wenn Verbrauchern sogenannte grob fahrlässige Unkenntnis vorzuwerfen ist. Von einer solchen ist dann die Rede, wenn Betroffene nur aufgrund eines hohen Maßes an Gedankenlosigkeit von der Legalität des Angebotes ausgehen konnten bzw. nur wegen solcher nicht auf die Rechtswidrigkeit aufmerksam wurden. Ob die vereinzelte Medienberichterstattung bezüglich der Illegalität von Online-Casinos für eine solche Annahme bereits ausreicht, erscheint zumindest fragwürdig.

Fazit

Tatsächlich legal sind derzeit die wenigsten Online-Casinos in Deutschland. Zwar dürfen einige Anbieter den Einwohnern Schleswig-Holsteins ihre Dienste rechtmäßig anbieten, doch selbst eine solche Lizenz können die wenigsten Betreiber vorweisen. Die staatlichen Aufsichtsbehörden kümmert dieser Missstand jedoch wenig, da die Bundesländer übereinstimmend die zeitweilige Duldung der rechtswidrigen Angebote beschlossen haben.

Verbraucher stehen somit im Hinblick auf ihre Rechte weitgehend allein dar. Während zumindest die Nutzung von Online-Casino Angeboten nun weitestgehend als ungefährlich anzusehen sein dürfte, bleiben die Möglichkeiten von Verbrauchern, sich Verluste für den Zeitraum nach dem 1. Juli 2021 zurückzuholen, völlig unklar. Da allerdings bereits jetzt deutlich wird, dass eine Vielzahl von Anbietern gegen die Bedingungen der Duldung verstößt, ist jedoch mit weiteren Gerichtsverfahren betreffend den Zeitraum nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages zu rechnen.

Auch der VSVBB erhält eine Vielzahl von Anfragen im Hinblick auf Ablauf und Geltendmachung von Casino-Rückerstattungen. Unsererseits ist vor allem hervorzuheben, dass insbesondere eine frühzeitige Geltendmachung den entstandenen Schaden begrenzen kann, denn eine Rückerstattung ist stets nur für die letzten drei Jahre möglich. Sollten Sie also Geld bei Online-Casino-Angeboten verspielt haben, raten wir Ihnen unabhängig vom in Rede stehenden Zeitraum, sich zeitnah mit Ihren rechtlichen Möglichkeiten auseinanderzusetzen. Gern stehen wir Ihnen hierbei mit Rat und Tat zur Seite.

Unterstützung für Spielsüchtige

Wenn Sie Probleme mit Spielsucht haben oder sich um Angehörige oder Freunde sorgen, finden Sie bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Hilfe. Unter der kostenlosen Hilfe-Hotline 0800/1372700 erhalten Sie Informationen zu Hilfsangeboten rund um das Thema Spielsucht. Weitere Infos zum Thema Spielsucht finden Sie auf unserer Themenseite.

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