Online-Sportwetten – drohen auch Wettanbietern Rückforderungsansprüche?

10. Juni 2022
Online-Wettanbieter werben offensiv auf Sportveranstaltungen und auch im Internet, viele der Anbieter agierten jedoch lange Zeit illegal. Für Verbraucher die Geld bei Online-Wetten verloren haben bedeutet das vor allem, dass Verluste oftmals zurückverlangt werden könnten.

Wir vom VSVBB berichteten schon mehrfach über möglich Rückforderungsansprüche von Teilnehmern an Online-Glücksspielangeboten. Bisher standen hier stets Casinobetreiber im Fokus der Aufmerksamkeit, denn in Bezug auf Online-Sportwetter bleibt die Rechtslage schwer durchschaubar. Warum das so ist und wie die Chancen auf eine Rückerstattung aktuell stehen, erklären wir in diesem Artikel. 

Legale Angebote zunächst nur durch den Staat 

Wie auch andere Online-Glücksspielarten, waren auch Online-Sportwetten weitgehend verboten. Allerdings gab es einen etablierten legalen Anbieter: den deutschen Staat. Denn bis zur Einführung des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) 2012 existierte das sogenannte Glücksspielmonopol des Staates in Bezug auf Lotterieangebote und Sportwetten. Analoge Automatenspiele, welche zunächst ebenfalls dem Monopol unterfielen, wurden durch den GlüStV 2008 weitgehend liberalisiert.  

Inhalt des staatlichen Glücksspielmonopols war, dass allein der Staat beziehungsweise die einzelnen Bundesländer legal entsprechendes Glücksspiel öffentlich anbieten durften. Hintergrund dieser Regelung war die Annahme, dass nur staatliche Stellen entsprechende Angebote mit einer ausreichenden Suchtprävention begleiten könnte und vor allem auch würde. Selbst das Bundesverfassungsgericht schloss sich dieser Auffassung an (Entscheidung vom 28.03.2006, Az. 1 BvR 1054/01; Beschluss vom 20.3.2009, Az. 1 BvR 2410/08). 

EuGH kippt Glücksspielmonopol 

Der EuGH beschäftigte sich in Folge von Klagen einiger Glücksspielanbieter mit dem Thema und kam zu einer gänzlichen anderen Einschätzung. Nach diesem könne ein Glücksspielmonopol zwar grundsätzlich rechtmäßig sein, notwendig hierfür sei aber, dass der Monopolist dieses auch gemäß der Rechtfertigung für die Monopolstellung nutze. Gerade dies sei aber in Bezug auf Deutschland beziehungsweise die Bundesländer oft nicht der Fall gewesen (Urteil vom 8. 9. 2010, Az. C-316/07). 

So führte der EuGH an, dass der deutsche Staat weit offensiver für seine Glücksspielangebote geworben habe, als dies notwendig gewesen wäre, um geneigte Spieler auf die eigenen Angebote aufmerksam zu machen und von unregulierten – und somit gefährlicheren – Angeboten fernzuhalten. Zudem stellte der Gerichtshof das Monopol auch deshalb in Frage, da gefährlichere Glücksspiele, wie etwa Automatenspiel und Poker, durch private Anbieter (analog) betrieben werden konnten, während sich das staatliche Monopol zum Zeitpunkt der Entscheidung nur noch auf Sportwetten und Lotterien bezog. 

Erster Liberalisierungsversuch scheiterte 

Veranlasst durch diese Entscheidung beschlossen die Bundesländer mit dem Glücksspieländerungsvertrag von 2012 eine Liberalisierung des Glücksspielmarktes auch in Bezug auf Sportwetten voranzutreiben. 

Der Änderungsvertrag beendete das bis dahin geltende Verbot des Onlinevertriebs von Lotterieangeboten und ermöglichte privaten Sportwettenanbietern eine zunächst auf 7 Jahre begrenzte Ausnahmeerlaubnis zu erhalten. Die Zahl der zu vergebenden Konzessionen wurde jedoch auf insgesamt 20 Anbieter begrenzt (Artikel 10a GlüÄndStV). Inhaber durften Sportwetten sowohl analog als auch über das Internet anbieten. Online-Casino und Online-Poker blieben allerdings weiterhin insgesamt verboten. 

Die Limitierung der zu vergebenden Konzessionen führte dann auch schnell zum Ende der Liberalisierungsbemühungen und das noch bevor überhaupt eine erste Erlaubnis erteilt wurde. Bewerber, die auf den Rängen 21 aufwärts für die Vergabe rangierten, klagten zahlreich gegen das Vergabeverfahren und die Benachteiligung ihres Unternehmens. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden sowie auch das Verwaltungsgericht Kassel schlossen sich dem Standpunkt der Bewerber an und beschlossen in der Folge die Einstellung des Vergabeverfahrens (Beschluss vom 13.05.2015, Az. 1453/14.WI (Wiesbaden), Beschluss vom 16.10.2015, Az. 8 B 1028/15 (Kassel). 

Auch Wettanbieter aus dem EU-Ausland sahen sich durch die fehlende Möglichkeit, eine deutsche Lizenz zu erhalten, vom deutschen Sportwettenmarkt insgesamt ausgeschlossen und zogen vor Gericht. Erneut entschied der EuGH, konstatierte eine Diskriminierung der ausländischen Anbieter und beendete mit Entscheidung vom 04.02.2016 (Az. C-336/14) den 1. Glücksspieländerungsvertrag endgültig. 

Rechtssichere Lösung erst mit Glücksspielvertrag 2021  

In der Folge des Vergabestopps lief der Sportwettenmarkt weitgehend unreguliert weiter. Insbesondere Unternehmen mit Sitz im europäischen Ausland betrieben vermehrt Wettlokale in den deutschen Innenstädten und erwirtschafteten hohe Umsätze im Online-Bereich. Da das Urteil des EuGH dahingehend ausgelegt wurde, dass diesen Anbietern ein Betrieb innerhalb des Landes nicht verboten werden könne, blieben die Lokale und Websites auch ohne deutsche Lizenz weiterhin offen bzw. online. 

Ein erneuter Regulierungsversuch in Form des zweiten Glücksspieländerugsvertrages scheiterte Ende 2017 an der fehlenden Zustimmung von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Erst mit Inkrafttreten des dritten Glücksspieländerungsvertrages zum 01.01.2020 kam es erstmals zu einer Regulierung des Sportwettenmarktes nach Wegfall des staatlichen Glücksspielmonopols. Von der in diesem vorgesehenen Möglichkeit der unbegrenzten Vergabe von Wettkonzessionen wurde ab Oktober 2020 Gebrauch gemacht.  

Grundsätzlich bleibt somit festzuhalten, dass erst ab Oktober 2020 erste legale Angebote nichtstaatlicher Online-Wettanbieter auf dem Markt verfügbar waren. Das Landgericht Nürnberg-Fürth (Urteil vom 19.07.2021, Az. 19 0 6690/20) sowie auch das Landgericht Landshut (Urteil vom 08.10.2021, Az. 75 O 1849/20) folgerten hieraus, dass Teilnehmer an Online-Wetten ihre Spieleinsätze für Wetten vor diesem Zeitpunkt grundsätzlich zurückfordern können. Unabhängig von den zahlreichen Wirrungen um die Konzessionsvergabe, sei das Anbieten von Online-Sportwetten ohne Konzession illegal geblieben. Bot ein Anbieter trotz fehlender Erlaubnis Wetten online an, folge hieraus also die Nichtigkeit des Vertrages. 

Die Folge: Betroffene Spieler können Wetteinsätze zurückfordern.   

Zusammenfassung 

Die Geschichte der Regulierung von Online-Sportwetten liest sich zu weiten Teilen als eine lange Aneinanderreihung gescheiterter Versuche. Erst im Oktober 2020 gelang es erstmals ein rechtssicheres Konzept für die Verteilung von Konzessionen zu etablieren. Auch wenn diese Verzögerung auf den Staat zurückgeht, folgte aus dieser jedoch kein Freifahrtschein für Online-Sportwettenanbieter. Das Verbot des Angebots von Wetten ohne Erlaubnis bleibt bis heute bestehen. 

Wenn auch Sie Geld in Online-Sportwetten verloren haben, gilt es vor allem schnell zu sein. Bestehende Ansprüche unterliegen einer dreijährigen Verjährungsfrist und können daher noch ab dem Jahr 2019 geltend gemacht werden. Viele Online-Rechtsdienstleister bieten hier unkomplizierten Rechtsbeistand ohne ein eigenes Kostenrisiko an. Sollten Sie Fragen zum Thema Rückerstattungen bei Online-Sportwetten haben, wenden Sie sich gern an uns. 

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