Fluggastrechte: Gericht kippt Ryanair-Klausel

28. Dezember 2021
Ryanair versuchte, die Durchsetzung von Fluggastrechten für Reisende zu erschweren. Die Richter am Landgericht Frankfurt bewerteten entsprechende Klauseln nun jedoch als illegal. Hier gibt es alle Infos zum Urteil.

Fluggäste haben Anspruch auf Entschädigungen in Höhe von bis zu 600 Euro, wenn ihr Flug unerwartet ausfällt oder stark verspätet ist. Doch oft ist es schwierig, eine solche Entschädigung bei der verantwortlichen Airline durchzusetzen. Mehrere Rechtsdienstleister bieten daher die Option, Fluggastrechte risikofrei auf Basis eines Provisionsmodells durchzusetzen. Die Billigairline Ryanair hat jedoch versucht, dies in ihren AGBs zu unterbinden. Diese Klausel wurde nun gekippt.

Ryanair versucht, Fluggastrechte-Durchsetzung zu erschweren

Am Landgericht (LG) Frankfurt hatte die Frankfurter Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Ryanair wegen mehrerer Klauseln verklagt. Konkret ging es darum, dass sich Ryanair bei Verstößen gegen die EU-Fluggastrechte in ihren Geschäftsbedingungen unter anderem lange Bearbeitungsfristen sicherte, eine Rechteabtretung nur an natürliche Personen akzeptierte und Zahlungen nur direkt an Passagiere leistete.

Das machte es Verbrauchern quasi unmöglich, ihre Rechtsansprüche mit Hilfe eines Rechtsdienstleisters durchzusetzen. Das ist insofern brisant, da Datenanalysen ebensolcher Anbieter zeigen, dass Ryanair 95 Prozent der rechtmäßigen Entschädigungsforderungen im ersten Schritt zu Unrecht ablehnt. Wer seine Fluggastrechte gegenüber Ryanair durchsetzen wollte, musste also bis zuletzt mit hohem Aufwand rechnen.

LG Frankfurt: Ryanair-Klauseln sind unrechtmäßig

Folgerichtig entschieden die Frankfurter Richter, dass diese Klauseln unzulässig seien. Sie argumentierten, dass jeder Kunde selbst entscheiden dürfe, ob er nach einer Verspätung oder einem Flugausfall seine Ansprüche selbst verfolgt oder ein Fluggastrechteportal seiner Wahl damit beauftragt.

Weiter führten die Richter aus, dass Ryanair akzeptieren müsse, dass die Rechtsdurchsetzung mit Hilfe eines Rechtsdienstleister für Verbraucher oft besonders unkompliziert und somit vorteilhaft sei. Auch der Versuch von Ryanair, sich auf irisches Recht zu berufen, wurde von den Frankfurter Richtern abgeschmettert.

Verbrauchern in Deutschland ist es demnach erlaubt, ihre Fluggastrechte gegenüber Ryanair mit Hilfe von Rechtsdienstleistern durchzusetzen. Im Fall von Ryanair kann es für betroffene Verbraucher unabhängig davon aber auch Sinn ergeben, sich im Streitfall zunächst an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personennahverkehr zu wenden. Diese vermittelt in solchen Situationen nämlich kosten- und provisionsfrei und Ryanair erkennt die Empfehlungen der Schlichtungsstelle rechtsverbindlich an.

Bis zu 600 Euro Entschädigung für Flugverspätung oder -ausfall

Flugverspätungen und -ausfälle können zu Entschädigungen in Höhe von bis zu 600 Euro berechtigen. Der ursprünglich gezahlte Ticketpreis spielt diesbezüglich keine Rolle. Relevant ist hingegen die verspätete Ankunftszeit, die gesamte Flugstrecke sowie der Grund für den Flugausfall bzw. die -verspätung.

Die Höhe der fälligen Entschädigung hängt von der jeweiligen Flugstrecke ab. Flüge mit einer Strecke von bis zu 1500 Kilometern berechtigen betroffene Passagiere zu einer Entschädigung in Höhe von 250 Euro. Bei einer Flugstrecke zwischen 1500 und 3500 Kilometern erhalten Passagiere 400 Euro als Entschädigung für die unregelmäßige Flugbewegung. Bei Langstreckenflügen stehen europäischen Passagieren sogar 600 Euro zu.

Entschädigungsansprüche bestehen jedoch nur, wenn die jeweilige Airline auch für die Flugverspätung verantwortlich ist. Bei Flugausfällen aufgrund von zum Beispiel Unwettern oder Streiks der Fluglotsen haben Passagiere keinen Anspruch auf eine Entschädigung, da diese Verspätungsgründe nicht im Einflussbereich der Airlines liegen.

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Wer von einer Flugverspätung oder einem Flugausfall betroffen war, hat oft Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von bis zu 600 Euro – unabhängig vom Ticketpreis. Wir erklären, wann Entschädigungsansprüche bestehen und wie Verbraucher diese durchsetzen können.
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