EuGH entscheidet erneut zu Fluggastentschädigungen

8. Februar 2022
Am 3. Februar entschied der EuGH erneut in Sachen Fluggastentschädigungen. Für Langstreckenflieger kann das Urteil schnell zum Ärgernis werden, denn diese können bei Flügen in mehreren Etappen nur am Abflugs- und Ankunftsort klagen.

Mit Urteil vom 3. Februar (C‑20/21) entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) erneut zu der Frage, bei welchem Gericht Reisende ihre Fluggastentschädigung geltend machen können bzw. müssen. Die Richter des obersten europäischen Gerichts setzten Betroffenen mit ihrer Entscheidung zwar Grenzen in Bezug auf die Durchsetzung von Ansprüchen, sorgten jedoch auch für Klarheit in Bezug auf den europäischen Rechtsrahmen. Der VSVBB klärt auf, was die Entscheidung für Sie bedeutet.

Gegenstand der Entscheidung war eine Vorlagefrage des Landgerichts Frankfurt am Main. Zu einer solchen Vorlage kommt es dann, wenn nationale Gerichte im Rahmen eines Verfahrens (auch) nach europäischem Recht entscheiden müssen, sich über dessen Auslegung aber unsicher sind. Bis zur Entscheidung über die Frage bleibt das eigentliche Verfahren dann ausgesetzt.

Das Landgericht hatte über die Berufung eines Klägers zu entscheiden, welcher eine Beförderung von Warschau nach Male (Malediven) gebucht hatte. Die Flugreise war in zwei Teilflüge gegliedert (Warschau – Frankfurt; Frankfurt – Male). Wegen einer Verspätung des ersten Teilfluges erreichte der Kläger sein Endziel um mehr als vier Stunden zu spät und forderte nun eine Entschädigung von 600 Euro von der polnischen Fluggesellschaft LOT. Als diese nicht reagierte, erhob der Betroffene Klage vor dem Amtsgericht Frankfurt.

Das Gericht wies die Klage jedoch wegen fehlender Zuständigkeit ab und verwies aufgrund des Abflugs in Warschau auf die polnischen Gerichte. Als sich der Kläger auch hiergegen per Berufung an das Landgericht Frankfurt wendete, legte dieses die Frage der Zuständigkeit dem Europäischen Gerichtshof vor.

Wie entschied der EuGH?

Der EuGH urteilte in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht Frankfurt gegen eine Zuständigkeit deutscher Gerichte.  Dem Kläger stehe es frei ein Flugunternehmen an dessen Sitz oder am sogenannten Erfüllungsort zu verklagen. Keine dieser beiden Orte liege in diesem Fall jedoch in Frankfurt. Erfüllungsort bei einer einheitlichen Buchung mehrerer Teilflüge sei – in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung des EuGHs – entweder der Abflugort des ersten Teilfluges oder der Ankunftsort des letzten Teilfluges.

Was heißt das für Sie?

Reagiert ein Flugdienstleister nicht auf Ihr Entschädigungsverlangen, gilt es zu überlegen, wo Sie klagen möchten bzw. können.  Unabhängig davon auf welchem Flugabschnitt die Verspätung bzw. der Ausfall eintritt, kann nach der aktuellen Rechtsprechung des EuGHs am Gericht des Abflug- oder Ankunftsorts oder auch am Sitz der Fluggesellschaft bzw. des Pauschalreiseveranstalters geklagt werden.

Liegt einer dieser Orte außerhalb der europäischen Union, scheidet dieser aus. Da die Entschädigungsansprüche aus europäischem Recht herrühren, können diese nur dort eingeklagt werden, wo dieses auch Geltung beansprucht.

Wann kommt eine Entschädigung überhaupt in Frage?

Flugverspätungen und -ausfälle können zu Entschädigungen in Höhe von bis zu 600 Euro berechtigen. Der ursprünglich gezahlte Ticketpreis spielt hierbei keine Rolle. Relevant ist hingegen die verspätete Ankunftszeit, die gesamte Flugstrecke sowie der Grund für den Flugausfall bzw. die -verspätung.

Die Höhe der fälligen Entschädigung hängt von der jeweiligen Flugstrecke ab. Flüge mit einer Strecke von bis zu 1500 Kilometern berechtigen betroffene Passagiere zu einer Entschädigung in Höhe von 250 Euro. Bei einer Flugstrecke zwischen 1500 und 3500 Kilometern erhalten Passagiere 400 Euro als Entschädigung für die unregelmäßige Flugbewegung. Bei Langstreckenflügen stehen europäischen Passagieren sogar 600 Euro zu.

Voraussetzung ist jedoch stets, dass die jeweilige Airline auch für die Flugverspätung verantwortlich ist. Bei Flugausfällen aufgrund von Unwettern oder Fluglotsenstreiks haben Passagiere daher keinen Anspruch auf eine Entschädigung.

Zusammenfassung

Das Urteil des EuGHs bringt weitere Klarheit in Sachen Fluggastentschädigungen. Andererseits führt dieses jedoch auch dazu, dass Fluggäste deren erster Abflug- oder auch letzter Ankunftsort nicht innerhalb Deutschlands liegt vor einigen Hürden stehen, denn viele Verbraucher schrecken vor einer Klage im Ausland schon aufgrund der möglichen Kosten zurück.

Hier kann der Gang zum Online-Rechtsdienstleister eine risikofreie Alternative darstellen. Eine Übernahmegarantie bezüglich Ihres Falles besteht jedoch nicht.

Weitere ausführliche Informationen zum Thema Fluggastrechte finden Sie in diesem Beitrag.

Mehr zum Thema: Fluggastrechte

Wer von einer Flugverspätung oder einem Flugausfall betroffen war, hat oft Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von bis zu 600 Euro – unabhängig vom Ticketpreis. Wir erklären, wann Entschädigungsansprüche bestehen und wie Verbraucher diese durchsetzen können.
Mehr erfahren