Europäischer Gerichtshof: Airlines müssen Passagiere bei vorverlegten Flügen entschädigen

7. Januar 2022
Normalerweise können Fluggäste Entschädigungen durchsetzen, wenn ihr Flug mit mehreren Stunden Verspätung am Zielort ankommt. Nun hat sich der Europäische Gerichtshof mit der Frage befasst, ob Reisende auch bei vorverlegten Flügen Anspruch auf eine Entschädigung haben.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Rechte von Fluggästen im Dezember abermals gestärkt. Die obersten Zivilrichter Europas entschieden, dass Passagiere auch dann Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von bis zu 600 Euro haben, wenn ihr Flug vorverlegt wird. Dies galt bislang eigentlich nur für Flüge, die ausfallen oder ihr Ziel erst mit mindestens drei Stunden Verspätung erreichen.

Vorverlegung wird wie Flugausfall bewertet

Die EuGH-Richter führten aus, dass die Vorverlegung eines Fluges wie eine Annullierung bewertet werden kann. Das liegt daran, dass eine Vorverlegung zu ähnlichen Unannehmlichkeiten führen kann wie eine lange Verspätung oder ein Ausfall. Schließlich können es Reisende unter Umständen gar nicht gewährleisten, pünktlich am Flughafen zu sein, wenn ihr Flug früher als geplant startet.

Diesbezüglich legte der EuGH fest, dass Passagiere Anspruch auf eine Entschädigung haben, wenn ihr Flug mindestens eine Stunde vor dem eigentlichen Flugstart abheben soll. Wenn ein Flug um weniger als eine Stunde vorverlegt wird, kann sich die verantwortliche Airline hingegen unter Umständen durch das Angebot einer Alternativbeförderung von der Zahlung einer Entschädigung befreien.

Dokument von Reiseunternehmen reicht als Beleg für ursprüngliche Flugzeit

Darüber hinaus erleichterten die EuGH-Richter Verbrauchern die Durchsetzung von Entschädigungen bei vorverlegten Flügen, indem sie für den Nachweis der ursprünglichen Abflugzeit keine großen Hürden aufstellten. Demnach muss die Vorverlegung nicht zwangsweise auf Basis der Abflugzeit auf dem Flugschein belegt werden. Stattdessen reicht es aus, wenn zum Beispiel der Reiseanbieter, über den der Flug gebucht wurde, den Reisenden eine Flugzeit in Verbindung mit der betreffenden Flugnummer schriftlich übermittelt hat.

Ob diese Abflugzeit tatsächlich von der jeweiligen Airline bestätigt wurde, spielt dabei keine Rolle. Schließlich können Fluggäste nicht nachvollziehen, was Airline und Reiseanbieter untereinander vereinbart haben. Wenn die jeweilige Fluggesellschaft die Flugzeit also nie offiziell bestätigt hat, kann sie eine ausgezahlte Entschädigung ggf. in vollem Umfang von dem Reiseunternehmen zurückverlangen.

Bis zu 600 Euro Entschädigung für Flugverspätung oder -ausfall

Neben Vorverlegungen können auch Flugverspätungen und -ausfälle zu Entschädigungen in Höhe von bis zu 600 Euro berechtigen. Der ursprünglich gezahlte Ticketpreis spielt diesbezüglich keine Rolle. Relevant ist hingegen die verspätete Ankunftszeit, die gesamte Flugstrecke sowie der Grund für den Flugausfall bzw. die -verspätung.

Die Höhe der fälligen Entschädigung hängt von der jeweiligen Flugstrecke ab. Flüge mit einer Strecke von bis zu 1500 Kilometern berechtigen betroffene Passagiere zu einer Entschädigung in Höhe von 250 Euro. Bei einer Flugstrecke zwischen 1500 und 3500 Kilometern erhalten Passagiere 400 Euro als Entschädigung für die unregelmäßige Flugbewegung. Bei Langstreckenflügen stehen europäischen Passagieren sogar 600 Euro zu.

Entschädigungsansprüche bestehen jedoch nur, wenn die jeweilige Airline auch für die Flugverspätung verantwortlich ist. Bei Flugausfällen aufgrund von zum Beispiel Unwettern oder Streiks der Fluglotsen haben Passagiere keinen Anspruch auf eine Entschädigung, da diese Verspätungsgründe nicht im Einflussbereich der Airlines liegen.

Mehr zum Thema: Fluggastrechte

Wer von einer Flugverspätung oder einem Flugausfall betroffen war, hat oft Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von bis zu 600 Euro – unabhängig vom Ticketpreis. Wir erklären, wann Entschädigungsansprüche bestehen und wie Verbraucher diese durchsetzen können.
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