Flugreisen in der Pandemie – was Verbrauchern bei Stornierung zusteht

15. März 2022
Sowohl Reisende als auch Fluggesellschaften sehen sich innerhalb der Pandemie oft zur Stornierung gezwungen. Der VSVBB klärt auf, wann Verbraucher im Falle einer Stornierung mit einer Erstattung rechnen können beziehungsweise auf einer solchen bestehen sollten.

Flugreisen innerhalb der Pandemie gestalten sich für viele Urlauber als unverhofftes Abenteuer. Ob der Flug stattfindet, die Bedingungen am Ankunftsort urlaubstauglich sind oder auch ob man selbst reisefähig sein wird, bleibt oft bis kurz vor An- oder Abreise völlig unklar.

Der VSVBB klärt auf, welche Rechte Verbrauchern bei pandemiebedingten Stornierungen zustehen.

Volle Rückerstattung bei Stornierung durch Fluggesellschaft oder Reiseveranstalter

Oft canceln die Fluggesellschaft oder auch der Reiseveranstalter eine anstehende Reise aufgrund der bestehenden Unsicherheiten. Die vereinbarte Leistung – die Beförderung oder auch Unterbringung – wird also nicht erbracht. Reisenden steht in diesem Fall – und das ganz unabhängig vom konkreten Grund der Stornierung – die vollständige Rückerstattung Ihres Kaufpreises zu.

Viele Anbieter versuchen jedoch, ihre Kunden mit Gutscheinlösungen zufriedenzustellen, statt das vereinnahmte Geld wieder auszubezahlen. Die Annahme eines solchen Gutscheines ist jedoch gleich aus mehreren Gründen nicht empfehlenswert.

Einerseits tragen Sie bei Annahme des Gutscheins das Insolvenzrisiko des Flug- oder auch Reiseanbieters. Sollte dieser Konkurs anmelden, verliert der Gutschein jeglichen Wert, da eine Einlösung bei anderen Anbietern in aller Regel nicht möglich ist.

Gegen die Annahme von Gutscheinen spricht auch die oft bestehende zeitliche Befristung. Nicht selten verlieren diese nach Ablauf von 24 Monaten ihre Gültigkeit. Wird der Gutschein nicht innerhalb dieser Zeit eingelöst, kann der Anbieter den vereinnahmten Reisepreis ohne jede Gegenleistung einbehalten.

Letztlich ist zudem nur schwer begründbar, warum Sie sich an den einmal gewählten Anbieter binden sollten. Denn ob dieser zum Zeitpunkt der nächsten Buchung noch immer die besten Reisebedingungen offeriert, ist kaum vorherzusehen.

Sollte Ihr Anbieter die Rückzahlung verweigern, lohnt es sich, die Hilfe eines Rechtsanwaltes oder auch Online-Rechtsdienstleisters in Anspruch zu nehmen. Eine rechtliche Grundlage für die Verweigerung der Rückzahlung besteht nämlich – zumindest nach deutschem Recht – nicht.

Bei eigener Stornierung sind gute Gründe nötig

Sollten hingegen Sie Ihre Flüge oder auch Pauschalreise stornieren, kommt eine Rückzahlung nur dann in Betracht, wenn Sie sogenannte außergewöhnliche Umstände vorweisen können. Als solche werden Umstände bezeichnet, welche die Durchführung der Leistung – also des Fluges oder der Unterbringung – zumindest erheblich beeinträchtigen.

Bei Flügen wäre ein solcher Umstand etwa ein Einreiseverbot am Zielort. Im Hinblick auf die Buchung einer Unterkunft beispielsweise ein Beherbergungsverbot. Handelt es sich bei Ihrer Buchung um eine Pauschalreise, reicht bereits das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände in Bezug auf Flug oder Unterkunft, um ein Rücktrittsrecht sowie einen Erstattungsanspruch zu begründen.

Im Rahmen von Individualreisen – also bei getrennter Buchung von Flug und Unterkunft – ist stets darauf zu achten, für welche der gebuchten Leistungen solche Umstände vorliegen. So ist etwa durchaus denkbar, dass ein Hotelaufenthalt aufgrund einer Quarantänepflicht von zwei Wochen mit Rückerstattung stornierbar ist, während eine Rückerstattung der Flüge aufgrund der fortbestehenden Einreisemöglichkeit nicht in Frage kommt. Liegt eine solche Situation vor, kann lediglich versucht werden sich mit der Fluggesellschaft zu einigen.

Ob als außergewöhnlicher Umstand auch die Erklärung Ihres Ziel- bzw. Urlaubsortes zum Hochrisiko- oder Virusvariantengebiet anzusehen ist, wurde bisher noch nicht gerichtlich entschieden. Angesichts der Dauer der Pandemie und den stetig wechselnden Gefahrengebieten sprechen jedoch durchaus gute Gründe gegen eine solche Einordnung.

Reisen wenn möglich nicht zu weit im Voraus stornieren

Oft geben Entwicklungen an Ihrem Zielort schon Wochen im Voraus erheblichen Anlass daran zu zweifeln, ob bzw. dass Ihre Reise noch stattfinden wird. Da die letzten zwei Jahre jedoch aufgezeigt haben, dass die Geschehnisse innerhalb der Pandemie oft unerwartet dynamisch verlaufen, empfiehlt es sich, mit endgültigen Erklärungen gegenüber dem Reiseveranstalter so lang wie möglich abzuwarten.

Grund hierfür ist, dass Sie als Stornierender die sogenannte Beweislast für das Vorliegen eines Stornierungsgrundes trifft. Hiermit gemeint ist, dass Sie in der Lage sein müssen, nachzuweisen, dass ein Stornierungsgrund vorlag bzw. das Vorliegen eines solchen zum Zeitpunkt der Stornierung zumindest hinreichend wahrscheinlich war.

Stellt sich Ihre Prognose im Nachhinein als unrichtig bzw. unbegründet heraus, gehen Sie leer aus. Wird ein Beherbergungsverbot – etwa aufgrund steigender Inzidenzen – zwar erwartet, wurde jedoch noch nicht verhängt, lohnt es sich also die Aussprache eines solchen Verbotes abzuwarten bevor sie stornieren.

Vorzeitiger Reiseabbruch kann Recht auf Teilerstattung begründen

Müssen Sie Ihren Urlaubsort aufgrund von Corona-Schutzbestimmungen vorzeitig verlassen, kann auch hieraus ein Recht auf eine zumindest anteilige Rückerstattung erwachsen. Eine wichtige Unterscheidung ist jedoch auch in diesem Kontext, ob eine Individual- oder Pauschalreise in Rede steht.

Kann eine Pauschalreise pandemiebedingt von Seiten des Reiseveranstalters nicht fortgesetzt werden, hat der Verbraucher ein Recht auf anteilige Rückerstattung des Reisepreises sowie auf Rückbeförderung. Maßgeblich für die Höhe der Rückerstattung ist, wieviel des Urlaubs vertragsgemäß verbracht werden konnte.

Bei Individualreisen gilt dies jedoch regelmäßig nur für den Preis der Unterkunft. Und auch das nur dann, wenn das anwendbare Recht eine solche Teilerstattung vorsieht. Anders als bei Pauschalreisen kommt bei isolierter Buchung einer Unterkunft im Ausland nämlich regelmäßig das dortige Recht zur Anwendung, denn Anbieter und Vertragsgegenstand liegen außerhalb Deutschlands.

Reiserücktrittsversicherungen enthalten inzwischen oft Ausschlussklauseln

Auch Reiserücktrittsversicherungen bieten oft keinen ausreichenden Schutz, wenn die eigene Reise aufgrund einer Corona-Erkrankung oder aufgrund von Einschränkungen am Zielort abgesagt werden muss.

Grundsätzlich greifen Reiserücktrittsversicherungen immer dann, wenn aufgrund eines versicherten Ereignisses die Reise nicht angetreten werden kann. Zu diesen Ereignissen gehört in aller Regel auch und gerade eine Erkrankung des Versicherten. Viele Versicherer haben jedoch sämtliche Rücktrittsgründe im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie aus dem Versicherungsschutz ausgenommen. Sowohl die eigene Corona-Erkrankung als auch Regularien am Zielort stellen daher in aller Regel keinen Versicherungsfall mehr dar.

Abhilfe kann hier der Abschluss einer zusätzlichen Reiseversicherung schaffen, welche speziell Risiken im Zusammenhang der Pandemie abdeckt. Oft können diese zu einem vergleichsweise geringen Aufpreis dazugebucht werden. Auch hier gilt es jedoch darauf zu achten, wann genau der Versicherungsschutz greift.

Zusammenfassung

Die Corona-Pandemie hat einige Urlaubspläne zunichtegemacht. Liegt dies am Reiseveranstalter oder Fluganbieter, welcher die Reise nicht weiter anbieten kann oder will, können betroffene Verbraucher zumindest ihr verauslagtes Geld zurückerlangen.

Kommt Ihnen selbst hingegen die Pandemie in die Quere bzw. geht die Stornierung von Ihnen aus, wird die rechtliche Situation schnell unübersichtlich. Denn nur wenige der einschlägigen Fallkonstellationen wurden bisher von den Gerichten entschieden. Hier gilt es vor allem nicht überstürzt zu handeln und zunächst mit dem Veranstalter oder Anbieter ins Gespräch zu kommen. Zeigt sich dieser uneinsichtig, bleibt oft nur der Gang zum Rechtsanwalt.

Welche Rechte Sie bei Flugverspätungen oder auch -stornierungen generell haben und warum ein zusätzlicher Schadensersatz bei Flugausfällen wegen Corona nicht in Betracht kommt, lesen Sie in unserem Newsbeitrag zu Fluggastrechten.

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