Bundesweite Analyse: Die Frauenquote an deutschen Hochschulen und Universitäten

16. August 2023
  • VSVBB befragt 42 der größten deutschen Hochschulen und Universitäten zur Frauenquote
  • 27,94 Prozent aller Professuren werden von Frauen bekleidet
  • Juniorprofessuren wurden zu mehr als 50 Prozent mit Frauen besetzt

Berlin, 16. August 2023. An deutschen Universitäten und Hochschulen studieren im Schnitt mehr Frauen als Männer. Doch unter den Hochschullehrerinnen und -lehrern herrscht noch lange keine Geschlechterparität. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Analyse des bundesweit aktiven Verbraucherschutzvereins Berlin/Brandenburg e.V. (VSVBB). Der VSVBB hat 50 der größten deutschen Universitäten und Hochschulen zu ihrer Frauenquote befragt und von 42 Institutionen auswertbare Antworten erhalten.

Die wichtigsten Durchschnittswerte der VSVBB-Analyse

Im Durchschnitt wurden 27,94 Prozent aller Professuren an den befragten Universitäten und Hochschulen mit Frauen besetzt. Darüber hinaus werden 94 von 458 analysierten Fakultäten von Frauen geleitet (20,52 Prozent). An 15 der 42 befragten Universitäten und Hochschulen gibt es zudem eine Präsidentin bzw. eine Rektorin.

Lediglich in zwei vom VSVBB betrachteten Kategorien sind Frauen an deutschen Hochschulen und Universitäten in der Mehrheit. So sind 52,43 Prozent aller eingeschriebenen Studentinnen und Studenten weiblich. Außerdem wurden 535 der 1057 Juniorprofessuren an den 42 analysierten Universitäten und Hochschulen mit Frauen besetzt (50,61 Prozent).

Im Vergleich zur VSVBB-Analyse aus dem Vorjahr sind die betrachteten Werte fast allesamt leicht angestiegen. Die Frauenquote unter Uni-Professorinnen und -Professoren lag damals beispielsweise noch bei 27,71 Prozent. Allerdings wird die Vergleichbarkeit zwischen den aktuellen und den Vorjahreswerten unter anderem dadurch eingeschränkt, dass teilweise andere Universitäten und Hochschulen als im Vorjahr an der VSVBB-Befragung teilgenommen haben und in diesem Jahr mehr Fragen als im Vorjahr gestellt wurden.

Wo es besonders viele und besonders wenig Hochschullehrerinnen gibt

Unter allen befragten Universitäten und Hochschulen sticht die Universität Potsdam mit der höchsten Frauenquote unter den Professorinnen und Professoren hervor (40,51 Prozent). Dahinter folgen die Internationale Hochschule (IU) (38,9 Prozent), die Humboldt-Universität zu Berlin (38,86 Prozent), die Universität Bielefeld (38,24 Prozent) und die Universität Koblenz (36,23 Prozent). Besonders wenige Professorinnen gibt es hingegen an der Universität Stuttgart (18,84 Prozent), der Technischen Hochschule Mittelhessen (17,28 Prozent) und dem Karlsruher Institut für Technologie (16,36 Prozent).

Beim Nachwuchs der Hochschullehrerinnen und -lehrer zeichnet sich hingegen bereits ein ganz anderes Bild ab: 20 der 37 analysierten Universitäten und Hochschulen, die Juniorprofessorinnen und -professoren beschäftigen und Angaben hierzu übermittelt haben, haben für diese Positionen mindestens gleichviel Frauen und Männer berufen. Besonders viele Juniorprofessorinnen gibt es an der Humboldt-Universität zu Berlin (67,39 Prozent), der Justus-Liebig-Universität Gießen (66,67 Prozent) und der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (64,81 Prozent).

Allerdings gibt es mit der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (30,77 Prozent), der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (26,09 Prozent), der Universität Stuttgart (23,81 Prozent) und der Universität Koblenz (14,29 Prozent) auch vier Universitäten, an denen nicht einmal ein Drittel aller Juniorprofessuren mit Frauen besetzt wurden.

Nur jede fünfte Fakultätsleitung ist weiblich

Noch immer werden Frauen vergleichsweise selten zu Dekaninnen oder in vergleichbare Führungspositionen gewählt. An sieben befragten Universitäten und Hochschulen gibt es sogar nicht einmal eine einzige Dekanin bzw. Fakultätsleiterin. Das betrifft die Universität Würzburg, die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, die Universität Siegen, das Karlsruher Institut für Technologie, die Universität Koblenz, die Technische Hochschule Mittelhessen und die FernUniversität Hagen.

Einzig an einer befragten Hochschule gibt es mehr Fachgebietsleiterinnen als Fachgebietsleiter: An der IU wurden fünf Frauen in entsprechende Führungspositionen gewählt (55,56 Prozent). Zudem gibt es an der Universität Kassel (45,45 Prozent), der Universität Bremen (41,67 Prozent) und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (40 Prozent) eine Dekaninnen-Quote in Höhe von jeweils mindestens 40 Prozent.

Die Mehrzahl der Universitäten und Hochschulen hat mehr Studentinnen als Studenten

Ganz anders sieht es da bereits unter den Studierenden aus. An 29 von 42 Unis gibt es mehr weibliche als männliche Studenten. Besonders hoch ist diese Quote an der Universität Gießen (63,39 Prozent), der Universität zu Köln (62,34 Prozent) und der IU (62 Prozent). Generell liegt die Frauenquote unter Studierenden an jeder befragten Universität und Hochschule über der Frauenquote unter den Hochschullehrerinnen und -lehrern.

Eine besonders große Differenz gibt es diesbezüglich an der Universität Regensburg, wo 60,44 Prozent aller Studierenden weiblich sind, aber nur 22,74 Prozent aller Professuren mit Frauen besetzt wurden. Lediglich an der Technischen Hochschule Köln und der Technischen Universität Darmstadt liegt die Differenz zwischen der Frauenquote unter Studierenden sowie der Frauenquote unter Professuren bei jeweils unter 10 Prozent.

Angelika Menze, Erste Vorsitzende des VSVBB kommentiert die Umfrageergebnisse:

“An deutschen Universitäten und Hochschulen gibt es zwar mehr Studentinnen als Studenten. Doch weibliche Vorbilder sind in der akademischen Ausbildung noch immer rar, denn nicht einmal jede dritte Professur an den von uns befragten Universitäten und Hochschulen wurde mit einer Frau besetzt. Auffällig ist zudem, dass noch immer gerade einmal knapp ein Fünftel aller Fakultätsleitungen weiblich sind. Dieser Wert ist selbst in den Vorstandsetagen der 40 DAX-Konzerne höher.

Die deutschen Universitäten und Hochschulen sollten alles Mögliche tun, um auch für die vielen weiblichen Absolventinnen einen Anreiz für eine akademische Laufbahn zu schaffen. Dafür ist es aber auch nötig, dass die Studentinnen an deutschen Universitäten und Hochschulen auf möglichst viele weibliche Vorbilder treffen – ein Teufelskreis. Immerhin gelingt es vielen Universitäten schon, beim akademischen Nachwuchs Geschlechterparität zu schaffen. Mehr als die Hälfte aller befragten Universitäten und Hochschulen mit Juniorprofessuren haben diese Stellen nämlich mindestens zur Hälfte mit Frauen besetzt.

Für uns beim gemeinnützigen VSVBB ist das Thema Gleichstellung nicht nur wichtig, weil unser Vorsitz zu zwei Dritteln aus Frauen besteht. Wir unterstützen beispielsweise auch Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert fühlen, indem wir diese über ihre rechtlichen Möglichkeiten informieren. Mit unserer jährlichen Befragung zur Frauenquote an deutschen Universitäten und Hochschulen möchten wir zudem dazu beitragen, dass das Thema Frauenförderung in der Wissenschaft Teil der öffentlichen Diskussion bleibt.”

Sämtliche relevanten Daten der Analyse sowie Informationen zur Untersuchungsgrundlage stehen unter dem nachfolgenden Link bereit:
https://vsvbb.de/uni-frauenquote-2023/

Über den VSVBB

Der Verbraucherschutzverein Berlin/Brandenburg (VSVBB) e.V. ist ein bundesweit tätiger, unabhängiger, gemeinnütziger und demokratisch organisierter Verein mit Hauptsitz in Berlin. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, Verbraucher in ganz Deutschland über ihre Rechte aufzuklären und es ihnen zu ermöglichen, bestehende Ansprüche unkompliziert und im besten Fall eigenständig durchzusetzen. Mittelfristig möchte der Verein zudem aktiv an der politischen Gestaltung von Verbraucherrechten in Deutschland, insbesondere im digitalen Raum, partizipieren. Seit April 2022 ist Angelika Menze die Erste Vorsitzende des VSVBB.