Lebensmittelbetrug – 10.000 Tonnen gefälschte Lebensmittel jährlich
Bei Betrug an Verbrauchern denkt man meist zunächst an ominöse Telefonanrufe oder auch windige Haustürgeschäfte. Der Betrug mit gefälschten Lebensmitteln hingegen ist kaum jemandem ein Begriff und das obwohl europaweit ca. zehn Millionen Kilogramm Lebensmittel jährlich davon betroffen sind. Der VSVBB erklärt, worum es beim Betrug mit Lebensmitteln geht und ob man sich als Verbraucher vor diesem schützen kann.
Von gefärbtem Salatöl bis zu Pferdefleisch in der Lasagne
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit definiert Lebensmittelbetrug als “das vorsätzliche Inverkehrbringen von Lebensmitteln, deren tatsächliche Beschaffenheit nicht mit ihrer Auslobung übereinstimmt.”
Um einen Lebensmittelbetrug handelt es sich also immer dann, wenn es sich bei der hersteller- oder verkäuferseitigen Beschreibung des Produktes um eine willentliche Falschdarstellung handelt. Das ist der Fall, wenn Hühnereier aus konventioneller Haltung als Bioeier verkauft werden, betrifft aber auch Pferdefleisch, welches als Rindfleisch etikettiert in den Markt kommt sowie falsch etikettierte, eigentlich abgelaufene Lebensmittel.
Der Pferdefleischskandal im Jahr 2013 lenkte erstmals großflächig die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Thema Lebensmittelbetrug. Damals wurden circa 750 Tonnen Pferdefleisch als Rindfleisch deklariert und, vor allem in Form von Fertigprodukten wie etwa Tiefkühllasagne, europaweit auf den Markt gebracht. Aufgeflogen ist der Betrug nur durch eine zufällige Stichprobenkontrolle, welche zunächst das Vorhandensein unzulässiger Medikamente in den Fleischprodukten des niederländischen Produzenten aufgedeckt hatte.
Olivenöl, Fleisch und Fisch sind besonders häufig betroffen
Besonders beliebt bei Lebensmittelbetrügern sind nach Angaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vor allem Olivenöl, Fleisch und Fisch.
So wird auf dem Markt etwa konstant mehr natives Olivenöl angeboten, als weltweit produziert wird. Fälscher greifen oft auf Haselnuss-, Soja- oder Salatöl zurück, welches diese mit Olivenöl panschen oder auch mit Chlorophyll anreichern, um die typisch grüne Färbung zu erreichen.
Im Hinblick auf Fleisch und Fisch finden sich verschiedenste Betrugsvarianten. So kann es bei beiden Produkten zu Falschdeklarationen kommen (etwa Rind statt Pferd oder Kabeljau statt Pangasius), aber auch das Unterspritzen von Produkten mit Wasser oder Gel, um mehr Gewicht vorzutäuschen, sowie Falschangaben im Hinblick auf das Mindesthaltbarkeitsdatum kommen vor.
Trotz Extrembeispielen wie dem Verkauf abgelaufener Lebensmittel, muss ein Lebensmittelbetrug nicht zwangsläufig mit einer Gefahr für die Gesundheit des Konsumenten einhergehen. Den Tätern geht es nämlich nicht um die Schädigung des Endkonsumenten, sondern viel mehr um die Erzielung oder Maximierung ihres Gewinns. Hierfür ist es meist günstig, wenn der Betrug als solcher gar nicht erst erkannt wird und daher über lange Zeit fortgesetzt werden kann.
Statistisch wurde jede Familie bereits Opfer von Lebensmittelbetrug
In Zusammenarbeit von Interpol und nationalen Behörden werden jährlich großangelegte Operationen zur Bekämpfung von Lebensmittelkriminalität durchgeführt. Dass hierbei von Jahr zu Jahr größere Mengen an gefälschten Produkten zum Vorschein kommen, gilt vielen Experten als Warnsignal. So konnten allein im Rahmen der letztjährigen Operation OPSON X 15.451 Tonnen gefälschter Lebensmittel sichergestellt werden.
Wie viele Produkte tatsächlich betroffen sind, lässt sich kaum mit Sicherheit sagen. Die Aufdeckung entsprechender Fälle und auch die Zuordnung zu einem bestimmten Täter ist schon aufgrund komplizierter Lieferketten nur schwer möglich. So durchlief etwa das vermeintliche Rindfleisch im Rahmen des Pferdefleischskandals 2013 zunächst sechs Stationen, bevor es tatsächlich in den Supermärkten landete.
Steht ein Fälschungsverdacht im Raum, ist zudem ein Abgleich mit dem Originalprodukt notwendig. Auch dieser ist häufig ressourcenintensiv, denn nicht immer ist ein gefälschtes Produkt ohne detaillierte Analyse vom ausgewiesenen Produkt zu unterscheiden. So bedarf etwa der Nachweis, dass ein Bioei eigentlich aus konventioneller Haltung stammt, zunächst der Untersuchung auf bestimmte Futtermittel oder Antibiotika.
Verbraucher können sich nur eingeschränkt vor Lebensmittelbetrug schützen
Endkonsumenten können lediglich die Chancen verringern, mit gefälschten Lebensmitteln in Kontakt zu kommen. Komplett ausschließen lässt sich dieses Risiko leider kaum.
Verbrauchern ist vor allem dazu zu raten, beim Kauf von Lebensmitteln im Internet den Verkäufer zu hinterfragen. Dies gilt vor allem, wenn dieser die Produkte zu einem überraschend günstigen Preis anbietet. Teils ergibt sich schon aus den Kommentaren anderer Käufer, dass das Lebensmittel die Erwartungen verfehlt, da es nicht wie gewohnt schmeckt. Vor allem bei eigentlich hochpreisigen Lebensmitteln wie Spirituosen, Kaviar oder auch Nahrungsergänzungsmitteln ist hier Vorsicht geboten.
Zusammenfassung
Das tatsächliche Ausmaß von Betrugstaten in Bezug auf Lebensmittel ist kaum einem Verbraucher bekannt und auch die Behörden agieren hier derzeit nur mit Schätzwerten.
Die große Dunkelziffer sowie die schwierige Nachweisbarkeit machen einen effektiven Schutz vor Lebensmittelbetrug für den einzelnen Endkonsumenten nahezu unmöglich. Gefragt ist daher vor allem der nationale, aber auch europäische Gesetzgeber, welcher Prozesse und Strukturen einführen muss, die einen ausreichenden Schutz trotz internationaler Lieferketten möglich machen und effektiv gestalten.