Landgericht Gießen: Online-Glücksspieler bekommt Verluste erstattet

29. Juli 2021
Online-Glücksspiel war in Deutschland jahrelang illegal und ist es auch heute oft noch. Das Landgericht Gießen hat einem Spieler daher die vollständige Erstattung seiner Verluste in Höhe von 12.000 Euro stattgegeben.

Die Online-Glücksspiel-Industrie hat in Deutschland jahrelang Milliardensummen verdient, obwohl es hierzulande gar keine rechtliche Grundlage für Online-Glücksspiel gab. Das Landgericht Gießen hat daher entschieden, dass sich Glücksspieler ihre Verluste aus den vergangenen Jahren zurückerstatten lassen können. Hierbei spielt es keine Rolle, wie viel Geld insgesamt verloren wurde.

Online-Spieler erhält rund 12.000 Euro zurück

Die Gießener Entscheidung aus dem März 2021 wurde medial breit diskutiert. Das lag vor allem daran, dass es zu diesem Zeitpunkt das erste Urteil dieser Art war. Im Rahmen des Verfahrens forderte ein deutscher Zocker die Erstattung seiner Spielverluste in Höhe von nahezu 12.000 Euro von dem Online-Glücksspielanbieter Entain zurück. Entain ist in Deutschland vor allem für sein Angebot unter dem Namen Bwin bekannt ist.

Die Klage verlief erfolgreich und Entain wurde zu der Erstattung der vollständigen Verlustsumme verurteilt. Darüber hinaus muss der Glücksspielanbieter auch sämtliche Verfahrenskosten übernehmen. Die Entain-Anwälte argumentierten vor Gericht, dass das Unternehmen eine Glücksspiel-Lizenz aus Malta habe, die europaweit gültig sei.

Die Gießener Richter verwiesen in ihrer Entscheidung jedoch unter anderem auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach ausländische Glücksspiel-Lizenzen nicht ausreichen, um Online-Glücksspiel auch hierzulande anbieten zu können. Demnach verstoße das deutsche Verbot von Online-Glücksspiel nicht gegen die Dienstleistungsfreiheit in der EU.

Glücksspiel-Lizenzen aus dem Ausland gelten in Deutschland nicht

Tatsächlich hatten quasi sämtliche Online-Glücksspielanbieter, die ihre Leistungen in den vergangenen Jahren in Deutschland angeboten haben, lediglich in Ländern wie Malta oder Gibraltar geltende Glücksspiel-Lizenzen. In Deutschland agierten diese Unternehmen somit illegalerweise. Dennoch bewarben die Unternehmen ihre Angebote hierzulande offensiv – teils sogar im deutschen Fernsehen.

Wer daher in den vergangenen Jahren Geld beim Online-Glücksspiel verloren hat, kann sich die Verluste vollständig rückerstatten lassen. Diesbezüglich spielt es keine Rolle, dass die Spieler selbst gegen Regeln verstoßen haben, als sie online spielten. Die Gießener Richter führten hierzu aus, dass die Glücksspiel-Verbote in Deutschland nämlich geschaffen wurden, um Spieler zu schützen.

Online-Glücksspielanbieter zeigen sich gesprächsbereit

Mittlerweile haben auch andere deutsche Gerichte das Gießener Urteil bestätigt. Zudem gab es vorher bereits eine Reihe von sogenannten Versäumnisurteilen zugunsten von Online-Spielern. Das sind Urteile, die ohne Anwesenheit eines Anwalts bzw. einer rechtlichen Vertretung des beklagten Online-Glücksspielanbieters gefällt wurden.

Auch die Glücksspielindustrie sieht deshalb wohl kaum Chancen, entsprechende Verfahren zu gewinnen. Deshalb berichten Anwälte und Kanzleien reihenweise von außergerichtlichen Einigungen mit Online-Glücksspielanbietern.

Im Rahmen solcher Vergleiche erklären sich die Glücksspielanbieter dazu bereit, die Spielverluste der Kläger auch ohne Gerichtsurteil zu erstatten. Das führt dazu, dass die Spieler ihr Geld schneller erhalten und die Glücksspielanbieter Geld für weitere Prozesskosten einsparen. Über die genauen Inhalte solcher Vergleiche wird in der Regel Stillschweigen vereinbart.

Spieler haben trotz neuem Glücksspielstaatsvertrag Anspruch auf Rückerstattung

Am 1. Juli 2021 trat in Deutschland ein neuer Glücksspielstaatsvertrag in Kraft. Dieser ermöglicht es Online-Glücksspielanbietern nun auch, ihre Leistungen streng reglementeirt in Deutschland anzubieten. Dieses Gesetz ändert aber nichts daran, dass Online-Glücksspielanbieter ihre Leistungen jahrelang illegal in Deutschland angeboten haben. Daher können sich Spieler sogar die Verluste der letzten Jahre von Anbietern erstatten lassen, die mittlerweile legal in Deutschland agieren.

Neben den Verlusten in Online-Casinos lassen sich auch die verlorenen Summen bei Zweitlotterien erstatten. Diese Zweitlotterien bzw. schwarze Lotterien bieten Wetten auf den Ausgang der Ziehungsergebnisse von staatlichen Lotterien an. Das ist in Deutschland nicht erlaubt. Unklar ist hingegen, ob dies auch bei Sportwetten möglich ist, da dies in Deutschland eine Grauzone war.

Online-Glücksspielanbieter sind dazu verpflichtet, ihren Spielern vollständige Auskünfte über deren Ein- und Auszahlungen zu erteilen. Dadurch können diese ganz genau nachvollziehen, wie viel Geld sie bei welchen Anbietern verloren haben. Diese Verluste können Spieler vollständig bei dem jeweiligen Anbieter geltend machen.

Unterstützung für Spielsüchtige

Wenn Sie Probleme mit Spielsucht haben oder sich um Angehörige oder Freunde sorgen, finden Sie bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Hilfe. Unter der kostenlosen Hilfe-Hotline 0800/1372700 erhalten Sie Informationen zu Hilfsangeboten rund um das Thema Spielsucht.

 

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