Greenwashing – Etikettenschwindel am Aktienmarkt 

4. Dezember 2022
Immer mehr Verbraucher entscheiden sich für Vermögensanlagen am Aktienmarkt. Nicht wenige hoffen hierbei auch auf die Nachhaltigkeit Ihres Investments. 

Durch den immer leichter werdenden Zugang zum Aktienmarkt tendieren viele Verbraucher dazu, Ihr Geld in Wertpapieren anzulegen. Auch für Verbraucher, welche Ihr Vermögen nicht in umweltschädliche oder moralisch fragwürdige Konzerne investieren wollen, haben Fondsanbieter vermeintlich passende Anlagen entwickelt. 

Eine aktuelle Untersuchung zeigt jedoch, dass in diesen nur selten wirklich drin ist, was draufsteht. 

Mit Fonds viele Aktien auf einmal handeln 

Das Handeln mit Aktien wird noch immer oft als Zockerei wahrgenommen und daher nicht selten von Verbrauchern gemieden. Um auch ohne tiefere Kenntnisse des Aktienmarktes und risikoärmer als mit Einzelaktien zu investieren, setzen viele jedoch auf sogenannte Exchange Traded Funds (ETFs) oder aktiv gemanagte Fonds. 

Während ETFs stets einen bestimmten Index nachbilden (etwa die Börsenindizes DAX oder Dow Jones), werden aktiv gemanagte Fonds von einem Fondsmanager zusammengestellt, welcher entscheidet welche Aktien der Fonds kauft und damit versucht ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen. Sowohl ETFs als auch aktiv gemanagte Fonds haben den Vorteil, dass die an diesen gekauften Anteile eine Vielzahl von Aktien zusammenfassen und so das Risiko des Ausfalls von Einzelwerten minimieren können. 

Es bestehen jedoch auch wichtige Unterschiede zwischen den beiden Fondsarten: Da bei ETFs meist klar ist, welcher Index nachgebildet werden soll, ist für den Investor stets nachprüfbar, welche Aktien ihr Investment enthält. Im Hinblick auf aktiv gemanagte Fonds muss dies nicht der Fall sein. Bei diesen wird zwar anhand der Anlagestrategie vorgegeben in welchen Wirtschaftsbereich (etwa Clean Energy, E-Commerce oder auch Food Supply) der Fonds investiert, unklar ist jedoch oft, wie der Fondsmanager die Anlagestrategie genau umsetzt.  

Labels oft irreführend 

Im Zuge des wachsenden Umweltbewusstseins der Anleger, haben viele Investmentgesellschaften ETFs, aber auch aktiv gemanagte Fonds an den Markt gebracht, die neben einer Branchen- oder Gebietsbezeichnung, Zusätze wie ”sustainable” (nachhaltig) oder ESG (Environmental Social Sovernance bzw. umweltschonende soziale Unternehmensführung) enthalten.  

Diese sollen auch für Privatanleger geeignet sein, welche in Unternehmen investieren wollen, die weder der Umwelt schaden noch Menschen- oder Arbeitnehmerrechte verletzen. 

Viele Fonds tragen Beinamen zu Unrecht 

Eine großangelegte Studie von insgesamt zehn Medienhäusern und -plattformen, hat nun jedoch gezeigt, dass die hierhingehenden Bezeichnungen in Bezug auf die – ausschließlich überprüften – aktiv gemanagten Fonds oft Fragen aufwerfen. 

So bestehen zwei der überprüften Fonds zu ganzen 40 Prozent aus Öl-, Gas- und Luftfahrtunternehmen. Ganze 260 der 547 überprüften Fonds legten das Geld ihrer Investoren zumindest auch in Unternehmen an, welche nicht oder nur schwer als nachhaltig bezeichnet werden können. 

Bezeichnungen oft nicht geschützt 

Möglich wird dies durch die Wahl von Bezeichnungen, die rechtlich keinerlei Verbindlichkeiten für die Herausgeber (Emittenten) zur Folge haben. So handelt es sich etwa bei dem Beinamen “sustainable” um keinen definierten Begriff. Die Kriterien für diesen entwirft also der Emittent selbst. 

Obwohl die Europäische Union im Rahmen der medial viel beachteten Taxonomie-Verordnung bereits einen ersten Versuch zur Eindämmung des Problems unternommen hat, bleiben Probleme bei der Einordnung bestehen. Die Verordnung verpflichtet Fondsanbieter nämlich lediglich zur Offenlegung der gewählten Kriterien, gibt diese jedoch nicht im Detail vor. 

Strafbar machen sich letztere jedoch dann, wenn die offengelegten Informationen vorsätzlich falsch oder unvollständig sind. Entsteht dem Privatanleger hieraus ein Vermögensverlust – etwa, weil bei Veröffentlichung der tatsächlichen Informationen ein erheblicher Wertverlust eintritt – sind auch Schadensersatzansprüche möglich. 

Schwere Konsequenzen drohen etwa der Fondsgesellschaft DWS, einem Tochterunternehmen der Deutschen Bank. Die Darstellungen dieser hinsichtlich Nachhaltigkeit und Umweltbilanz Ihrer Fondsprodukte sollen bewusst und weitgehend übertrieben gewesen sein. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Kapitalanlagebetrug gegen die Investmentgesellschaft, jedoch mit noch unklarem Ausgang.  

Zusammenfassung 

Die Anzahl an Fonds und sonstigen Finanzinstrumenten wächst rasant, gleichzeitig können Verbraucher immer einfacher an weltweiten Börsen investieren. Umso wichtiger ist es daher, sich vor einem Investment umfassend zu informieren. Hierfür bleiben oft nur tiefergehende Recherchen in den Wertpapierprospekten bzw. Basisinformationsblättern der Angebote oder auch das aktive Gespräch mit dem Fondsmanager des Produkts. 

Das Beispiel vermeintlich nachhaltiger Fonds zeigt deutlich, dass es den Herausgebern von Finanzinstrumenten nicht darum geht, ein für den Anleger passendes, sondern ein vor allem marktgängiges Produkt zu vertreiben. Hier ist der Gesetzgeber gefragt, um strikte und vor allem messbare Vorgaben für die Nutzung von Begriffen wie Nachhaltigkeit oder Grün im Kontext von Finanzinstrumenten zu etablieren.