Gesetzesvorschlag des Bundesministeriums für Justiz zu Bankgebühren: Nun doch stillschweigende Zustimmung?
Zweieinhalb Jahre nach dem Bankgebühren-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) hat das Bundesjustizministerium unter der Leitung von Marco Buschmann (FDP) einen Gesetzesvorschlag erarbeitet, der es Geldinstituten wieder ermöglichen soll Preiserhöhungen im Massengeschäft ohne Zustimmung der Kunden vorzunehmen.
Diese Neuregelung würde es Unternehmen, nicht nur Finanzinstituten, erlauben, in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) festzulegen, dass die Zustimmung des Kunden zu Vertragsänderungen als erteilt gilt, wenn dieser nicht widerspricht.
BGH erklärte Fiktionsklauseln für unwirksam
Mit Urteil vom 27. April 2021 sorgte der BGH bei einigen Banken für Aufruhr. Die obersten Zivilrichter urteilten in dem Verfahren gegen die Postbank: Die langjährige Praxis vieler Banken, Kontogebühren auch ohne ausdrückliche Zustimmung ihrer Kunden zu erhöhen, ist rechtswidrig.
Speziell ging es um Vertragsklauseln vieler Zahlungsinstitute, nach welchen Gebühren und Entgelte im Rahmen der Kontoführung einseitig erhöht werden können, solange der Kunde einer Anpassung nicht innerhalb von zwei Monaten widerspricht. Antwortet der Kunde auf eine Mitteilung der Bank über eine Gebührenerhöhung nicht, wird sein Schweigen also schlicht wie eine Zustimmung zur Erhöhung der Kosten ausgelegt. Nach Meinung des BGH stellt eine solche Praxis eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher dar. Die Folge: Klausel und Gebührenerhöhung sind unwirksam.
Justizministerium will alte Rechtslage wiederherstellen
Das Bundesministerium für Justiz (BMJ) erhielt hieraufhin eine Vielzahl von Beschwerden aus der Kreditwirtschaft. Diese beschreibt das Zustimmungserfordernis als nicht praktikabel und beklagt den hiermit einhergehenden Arbeitsaufwand.
Dem gab das Ministerium nun scheinbar nach und veröffentlichte einen Gesetzesvorschlag, welcher letztlich ebenjene Klauseln wieder ermöglichen würde, welche der BGH durch sein Urteil für unzulässig erklärt hatte.
Eine Verhinderung von Vertragsanpassungen wäre Verbrauchern nur durch Widerspruch möglich. Da die Anpassungen aber oft versteckt in einer Flut von Informationen oder auch nur in spezielle Digitalpostfächer kommuniziert werden, fehlt es dem Kunden hierzu regelmäßig schon an der notwendigen Kenntnis von der Vertragsanpassung.
Auch an dem Umstand, dass eine entsprechende Handhabung nach derzeitiger Rechtslage gerade aufgrund unangemessener Benachteiligung der Verbraucher unzulässig war, scheint sich das BMJ nicht zu stören.
Unternehmen begrüßen Gesetzesvorschlag
Die Kreditwirtschaft hingegen begrüßt den Vorschlag als “ausgewogene Lösung”, die Bürokratie abbaut und mehr Rechtssicherheit schaffe.
Das Bundesjustizministerium betont, dass Kunden nicht schlechter gestellt werden würden. Der Vorschlag sieht vor, dass Vertragsanpassungen infolge des Schweigens des Kunden weiterhin der bisherigen AGB-Kontrolle unterliegen. Eine Zusatzregelung soll sicherstellen, dass Fiktionsklauseln nur wirksam sind, wenn sie das Verhältnis beider Vertragsparteien “nicht wesentlich zu Lasten des Kunden verändern”.
Was wesentlich ist, dürfte im Falle der Umsetzung des Gesetzes wiederum durch die Gerichte zu entscheiden sein. Wie lang dies in Anspruch nehmen kann, zeigt die Diskussion um die Fiktionsklauseln, welche noch vor dem BGH-Urteil von April 2021 genutzt wurden. Zu diesen entscheidet der BGH am 19. Dezember dieses Jahres und somit mehr als 3 Jahre nach dem ersten höchstrichterlichen Urteil erneut.
Zusammenfassung
Mit seinem Gesetzesvorschlag zur Anpassung des Bankenvertragsrecht versucht das BMJ die alte Rechtslage zugunsten der Kreditwirtschaft wiederherzustellen. Hier wurde der vermeintliche Arbeitsaufwand der Banken höher gewichtet als die Freiheit des Verbrauchers, selbst darüber zu entscheiden, welche Verträge diese für tragbar befindet.
Die Umsetzung des Gesetzesvorhabens wäre ein herber Rückschlag für die Konsumenten. Es liegt daher nun an der Politik dies hier klar zu kommunizieren und den Vorschlag abzulehnen.