EuGH urteilt zum Schufa Scoring – das Ende automatisierter Entscheidungen? 

10. Dezember 2023
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte am Donnerstag dieser Woche zu Kreditentscheidungen auf Grundlage des Schufa-Scorings. Der VSVBB erklärt, welche Konsequenzen das Urteil für Verbraucher haben könnte. 

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden legte dem EuGH die grundlegende Frage vor, inwiefern automatisierte Bonitätsscorings bei Kreditentscheidungen genutzt werden dürfen. Der EuGH entschied nun: eine Nutzung ist zwar möglich, eine alleinige Entscheidung aufgrund der Scorings – wie derzeit üblich – sei nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) jedoch unzulässig.  

Konkret ging es in dem Ausgangsverfahren des Verwaltungsgerichts Wiesbaden um das Bonitätsscoring der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (Schufa). Bei dieser handelt es sich um die bei weitem größte und meistgenutzte Auskunftei Deutschlands. 

Erstellung und Verkauf von Scoring-Werten ist Kerngeschäft der Schufa 

Neben der Auskunftserteilung über sogenannte Schufa-Einträge, erstellt die Auskunftei auch sogenannte Scoringwerte anhand eigener Algorithmen. Hierbei handelt es sich letztlich um Wahrscheinlichkeitsberechnungen in Bezug auf die Bonität und Zuverlässigkeit potenzieller Kunden für Vertragspartner der Schufa.  

Aus welchen Werten sich die Scorings genau zusammensetzen, ist jedoch weitgehend unbekannt. Die Schufa stellt hierzu bisher nur allgemeine Informationen zur Verfügung, nicht aber die genaue Berechnungsmethode. Auch deswegen sind bereits zahlreiche Klagen gegen diese anhängig. 

Unternehmen wie etwa Banken, aber auch Verkaufsgeschäfte fragen die Scoring-Werte im Rahmen von Kredit- oder Ratenzahlungsanfragen automatisiert ab.   

Ergibt die Anfrage einen Wert unterhalb einer bestimmten Punktzahl (als gut gilt ein Wert ab 95 von 100), kann das Geschäft oft nicht abgeschlossen werden. Der Mitarbeiter des jeweiligen Unternehmens hat an dieser Entscheidung keinerlei Anteil, sondern ist an die Bewertung durch das hauseigene System, welches wiederum auf den Schufa-Score abstellt, gebunden. Auch eine Kombination der Daten in Form des Schufa-Scores mit hauseigenen Daten bezüglich des Kunden geschieht in aller Regel nicht. 

Automatisierte Entscheidungsfindung verstößt gegen die DSGVO  

Der EuGH bestätigte nun eindeutig, dass diese Praxis gegen Artikel 22 der DSGVO verstößt. Er ließ jedoch zunächst offen, ob im deutschen Recht eine wirksame Ausnahmeregelung getroffen wurde. Dies bleibt durch das Wiesbadener Verwaltungsgericht zu klären. 

Während der Wortlaut der DSGVO eine eindeutige Bewertung zulässt, ließ der deutsche Gesetzgeber Spielraum zugunsten der Schufa offen. Die DSGVO als europäische Verordnung gilt hierzulande nämlich nicht direkt, sondern findet vielmehr Umsetzung in dem nationalen Bundesdatenschutzgesetz (BDSG).   

Paragraph 31 des BDSG ermöglicht die Nutzung von Scoring-Werten in der beschriebenen Form derzeit noch, wenn diese Nutzung notwendig ist, um einen freien Wirtschaftsverkehr zu ermöglichen.  Ob diese Ausnahme mit dem europäischen Recht – insbesondere der DSGVO – vereinbar ist, müssen nun die hiesigen Verwaltungsrichter klären. Nach der eindeutigen Positionierung des EuGH dürfte es jedoch kaum noch Raum für eine Bejahung dieser Frage geben. 

Zusammenfassung 

Das Urteil des EuGH setzt ein deutliches Zeichen gegen die europaweite Praxis bei der Nutzung automatisierter Scorings. Aufgrund mangelnden Spielraums ist nicht davon auszugehen, dass die deutschen Ausnahmeregelungen hierzu weiter in ihrer jetzigen Form Bestand haben werden. 

Unklar bleibt jedoch, wie die zukünftige Praxis bei Kreditentscheidungen oder Vertragsabschlüssen aussehen wird. Vor allem von einer konsequenten Überwachung der Umsetzung der EuGH-Entscheidung hängt jedoch ab, ob Verbraucher von dieser tatsächlich profitieren werden.