EuGH-Schlussantrag sorgt für Paukenschlag im Abgasskandal

7. Oktober 2021
Der EuGH-Generalanwalt hält temperaturgesteuerte Abschalteinrichtungen für illegal. Das könnte nahezu jeden Hersteller von Dieselfahrzeugen in Bedrängnis bringen. Auch für deutsche Verbraucher ist das Verfahren am Europäischen Gerichtshof relevant.

Die Juristen am Europäischen Gerichtshof (EuGH) befassen sich aktuell mit mehreren Abgasskandal-Verfahren aus Österreich, die für sämtliche Verbraucher in der EU von Bedeutung sind. Zuletzt sorgte der zuständige Generalanwalt, Athanasios Rantos, vor diesem Hintergrund für einen Paukenschlag: Rantos bewertete die Verwendung von temperaturgesteuerten Abschalteinrichtungen nämlich als illegal. Diese sogenannten Thermofenster kamen bei fast jedem namhaften Autobauer zum Einsatz.

Generalanwalt: Thermofenster lassen sich nicht rechtfertigen

Thermofenster sorgen letztlich dafür, dass Diesel-Autos produzierte Abgase nur bei bestimmten Temperaturen gesetzeskonform filtern. In der Regel stoßen PKW mit einer solchen Abschalteinrichtung bei weniger als 15 bzw. mehr als 30 Grad Celsius deutlich mehr Schadstoffe aus, als es eigentlich erlaubt wäre.

Hersteller wie Daimler, Volkswagen, Volvo und Fiat haben entsprechende Abschalteinrichtungen in ihren Fahrzeugen verbaut. Bislang argumentierte die Automobilindustrie stets, dass Thermofenster dem Schutz des Motors dienen. Der Generalanwalt widersprach dieser Argumentation jedoch und gab an, dass Thermofenster nicht vor unmittelbaren Schäden schützen, sondern höchsten vor Abnutzung bzw. dem normalen Verschleiß des Fahrzeugs.

Athanasios Rantos führte zudem aus, dass Abschalteinrichtungen zum Schutz des Motors nur dann zu rechtfertigen seien, wenn diese ausschließlich in Ausnahmefällen eingesetzt würden. Da Durchschnittstemperaturen von mehr als 15 Grad Celsius jedoch in den meisten europäischen Ländern nur selten erreicht werden, arbeiten Thermofenster quasi dauerhaft.

Abschließendes Urteil wird in den kommenden Monaten erwartet

Sollten die EuGH-Richter dieser Rechtsauffassung folgen, hätte das enorme Folgen für die gesamte Automobilindustrie. Allein in Deutschland wären im Anschluss wohl mindestens drei Millionen Diesel-Autos von Rückrufaktionen betroffen. Selbst das VW Software-Update, das die Abgasreinigung von illegal manipulierten Fahrzeugen normalisieren sollte, enthält nämlich ein Thermofenster.

Wann mit einem abschließenden Urteil zu rechnen ist, ist bislang unklar. Im Normalfall sollte dies spätestens im Frühjahr 2022 der Fall sein. Ob die verantwortlichen Richter der Rechtsauffassung des Generalanwalts folgen werden, ist bislang nicht abzusehen. Allerdings sind sich EuGH-Generalanwaltschaft und EuGH-Richter in nahezu jedem Fall einig. Insofern können betroffene Verbraucher vorsichtig optimistisch auf die anstehende Entscheidung blicken. Das Urteil wird eine Signalwirkung für sämtliche Gerichte innerhalb der Europäischen Union haben.

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