EU-Parlament stimmt für bessere Arbeitsbedingungen bei Online-Plattformen 

26. April 2024
Das Europäische Parlament hat eine Richtlinie zur Stärkung sogenannter Plattformarbeiter beschlossen. Der VSVBB erklärt wer betroffen ist und was die Entscheidung bedeutet. 

Das Europäische Parlament hat Rechte von Millionen Arbeitnehmern bei Online-Plattformen gestärkt. Mit 554 Ja-Stimmen, 56 Nein-Stimmen und 24 Enthaltungen billigten die Abgeordneten am Mittwoch in Straßburg neue Regelungen, die Scheinselbstständigkeit verhindern sollen und Arbeiter vor automatisierten, oft unverständlichen Entscheidungen schützen. 

Plattformarbeiter als Neuzeitphänomen 

Mit dem Begriff des Plattformarbeiters werden heute Arbeitnehmer bezeichnet die entweder direkt oder über einen Dritten für eine Online-Plattform, wie etwa Uber, Bolt oder auch Lieferando, arbeiten. Nach Angaben der EU-Kommission tun dies in der EU fast 30 Millionen Menschen. 

Die Arbeit für die meist amerikanischen, hoch technisierten Anbieter bietet einige Besonderheiten, da die Plattformen eine Vielzahl von Entscheidungen automatisiert treffen. Zudem sind die für die Plattform aus Verbraucherperspektive sichtbar auftretenden Mitarbeiter (etwa Kuriere oder Fahrer) oftmals gar nicht bei den Anbietern angestellt. 

In der Regel arbeiten diese vielmehr selbstständig auf Rechnungsbasis oder für ein drittes Unternehmen, welches wiederum mit verschiedenen Plattformen in einem Vertragsverhältnis steht. 

Verbesserter Schutz vor automatisierten Entscheidungen 

Im Hinblick auf Entscheidungen von Algorithmen, sollen Arbeiter künftig zunächst ein Recht auf Einblick in deren Funktion erhalten. Hierdurch soll nachvollziehbar werden, warum eine Person vermeintlich plötzlich weniger oder auch an einem ganz anderen Ort zum Einsatz kommt. 

Zusätzlich legt die nun beschlossene Neuregelung fest, dass der Beschluss, eine Person überhaupt nicht mehr einzusetzen, nicht durch einen Computer gefasst werden darf, sondern zumindest auch die Mitwirkung eines Menschen voraussetzt. Deutliche Verbesserung soll es zudem beim Schutz vor einem exzessiven Sammeln von Arbeiterdaten durch die Anbieter geben. 

Vorgehen gegen Scheinselbstständigkeit 

Die EU-Kommission geht davon aus, dass von den 30 Millionen Plattformarbeitern ganze 5,5 Millionen sogenannte Scheinselbständige sind.  

Hiermit bezeichnet werden Personen, welche zwar auf dem Papier ein Gewerbe betreiben, tatsächlich jedoch wie ein Angestellter arbeiten. Für Unternehmer bietet dies zahlreiche Vorteile, da diese keine Kündigungsfristen beachten müssen und auch nicht zur Zahlung von Kranken- oder Sozialversicherungsbeiträgen verpflichtet sind. 

Selbstständigkeit als solche besteht jedoch nur, wenn der Selbstständige frei über seinen Arbeitsort bestimmen kann und zudem für mehrere Auftraggeber handelt. Beides ist bei vielen der Plattformarbeiter nicht der Fall.   

Die Richtlinie versucht dem einen Riegel vorzuschieben, wobei aufgrund unklarer Formulierung noch unklar ist, wie effektiv die getroffenen Maßgaben sein werden. Hier spielt vor allem die noch notwendige Umsetzung durch die nationalen Gesetzgeber eine entscheidende Rolle. 

Zusammenfassung 

Anbieter wie Bolt, Uber und Co. Erzielten in den letzten Jahren oftmals Jahr für Jahr Rekordumsätze. Dies auch aufgrund einer großangelegten Umgehung klassischer Anstellungsmodelle und automatisierter Entscheidungsfindung. Arbeiterrechte blieben oftmals auf der Strecke.  

Die nun getroffene Entscheidung ist daher deutlich zu begrüßen. Abzuwarten bleibt jedoch weiterhin, ob die noch in nationales Recht umzusetzende Richtlinie nicht durch die EU-Nationalstaaten verwässert wird.