Erneut im Gespräch: Einschränkungen der Fluggastrechte
Die EU-Fluggastrechteverordnung bietet Verbrauchern nun schon seit 2004 zahlreiche Handlungsmöglichkeiten im Falle von Flugausfällen oder -verspätungen. Diese reichen von der Übernahme von Hotel- und Verpflegungskosten bis hin zu finanziellen Entschädigungen in Höhe von bis zu 600 Euro.
Vor allem den Airlines und ihren Lobbyverbänden gehen diese Handlungsmöglichkeiten zu weit. Schon seit geraumer Zeit plädieren vereinzelt Mitglieder des EU-Rates und die Verbände der Flugbetreiber daher für Lockerungen. Diese langwährende Debatte griff nun auch die tschechische Regierung auf und schlug erhebliche Einschränkungen wie etwa eine Verlängerung der Toleranzzeiträume für Verspätungen und zusätzliche Entschuldigungsgründe für die Airlines vor.
Airlines stellen sich oft quer
Für die Airlines sind die Ansprüche der Verbraucher naturgemäß schon seit Einführung der Fluggastrechteverordnung ein Dorn im Auge. Viele der Anbieter versuchen Zahlungen zu vermeiden, indem Kunden zunächst mit Standardschreiben abgewimmelt werden oder gewartet wird, bis der erste Brief vom Anwalt eintrifft.Die geplanten Erleichterungen für die Airlines dürften hier also auf breite Zustimmung stoßen.
Verlängerung des Toleranzzeitraumes und schwammige Entschuldigungsgründe
Bereits 2013 hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, den derzeit geltenden Toleranzzeitraum für Flugverspätungen von drei auf fünf Stunden zu erhöhen. Erst dann sollten Passagiere Ansprüche auf sogenannte Hilfsleistungen, wie etwa Verpflegung geltend machen können. Auch sollten sämtliche Ansprüche bei Flügen unter 3.500 Kilometer eingeschränkt werden.
Die damalige Initiative scheiterte an einer Einigung der beteiligten Mitgliedsstaaten. Trotzdem wurde das Thema bis heute von Vertretern der Airline-Verbände weiterhin forciert.
In der nun geplanten Novelle ist neben der Erhöhung des Toleranzzeitraumes auch die Einführung eines zusätzlichen Rechtfertigungsgrundes geplant. Liegt eine Verspätung noch innerhalb des Toleranzzeitraumes, scheiden jegliche Ansprüche auf Seiten des Kunden aus. Liegt ein Rechtfertigungsgrund vor, scheiden Ansprüche von Verbrauchern deshalb aus, weil die Flugbetreiber die Verspätung oder Flugausfall dann juristisch nicht zu vertreten haben.
Schon in der aktuellen Fassung der Fluggastrechteverordnung ist eine solche Rechtfertigung bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände – wie etwa höherer Gewalt – möglich. Fällt ein Flug also beispielsweise wegen Unwetter aus, müssen die Flugbetreiber nicht gegenüber Ihren Kunden haften. Selbst bei spontanen Streiks des Flughafen- oder Airlinepersonals kann die Haftung entfallen.
Begriff der Flugsicherungsmängel völlig unscharf
Konkret diskutiert wird, ob Airlines künftig auch bei unerwarteten Flugsicherungsmängeln ohne die Zahlung von Entschädigungen davonkommen sollen. Das Problem: Wann genau solche Mängel vorliegen, bleibt völlig unklar.
Sollte der Rechtfertigungsgrund eingeführt werden, sind daher etliche Prozesse zu erwarten, in welchen die Gerichte den genauen Inhalt des Begriffes zunächst klären müssen. Die betroffenen Verbraucher bleiben in dieser Zeit ohne Entschädigung oder sehen schlimmstenfalls von vornherein von der Geltendmachung Ihrer Ansprüche ab.
VSVBB warnt vor Absenkung des Schutzniveaus
Der VSVBB sieht in den angekündigten Änderungen eine deutliche Verwässerung des derzeitigen Schutzniveaus. Entschädigungszahlungen und Hilfsleistungen dienen auch dazu, die Airlines zu disziplinieren und so einen reibungslosen Ablauf des Flugverkehrs zu gewährleisten.
Unsere Erfahrungen zeigen, dass die Durchsetzung von Verbraucheransprüchen viel eher erleichtert werden müsste, um Airlinebetreiber endlich in Zugzwang zu setzen. Diese Probleme nicht anzugehen und stattdessen weitere Hürden zu etablieren, bleibt daher trotz einer angeschlagenen Flugbranche nur schwer nachvollziehbar.
Grundsätzlich bietet eine Neuaufrollung der derzeitigen Regelungen natürlich auch die Chance, den Verbraucherschutz zu stärken, indem bestehende Entschädigungen erhöht oder Toleranzzeiträume abgesenkt werden. Vor dem Hintergrund der angekündigten Bestrebungen und der starken Stimme der Airlineverbände, scheint eine Verschärfung jedoch nur wenig wahrscheinlich.
Zusammenfassung
Die Ankündigung der tschechischen Regierung, die Novellierung der EU-Fluggastrechtverordnung erneut forcieren zu wollen, sollte von Verbraucherschützern und Verbrauchern durchaus ernst genommen werden.
Eine Absenkung des derzeitigen Schutzniveaus wäre ein fatales Signal an die Branche der Fluganbieter, welche schon jetzt – wenn auch teils unverschuldet – vor allem durch fehlende Zuverlässigkeit immer wieder in die Schlagzeilen kommt.
Wollen Sie mehr über Ihre Rechte bei Flugverspätung oder -ausfall erfahren, finden Sie hier eine ausführliche Zusammenstellung. Sind Sie bereits betroffen, klären wir Sie zudem gern über unser Kontaktformular über Ihre allgemeinen Rechte und Möglichkeiten auf.