Deutsche Umwelthilfe entdeckt weitere Abschalteinrichtungen in Mercedes-Autos

9. November 2021
Mercedes-Benz-Fahrzeuge stehen bereits seit längerer Zeit unter Manipulationsverdacht. Ein aktuelles Gutachten der Deutschen Umwelthilfe scheint den Mercedes-Abgasskandal nun endgültig zu bestätigen. Wir fassen die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Gutachten zusammen.

Vor wenigen Monaten wurde bekannt, dass das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) fünf illegale Abschalteinrichtungen in Diesel-Fahrzeugen von Mercedes-Benz entdeckt hat. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) veröffentlichte nun ein Gutachten, das sogar den Einsatz von insgesamt acht solcher Manipulationen entlarvte. Damit scheint der Mercedes-Abgasskandal endgültig besiegelt zu sein.

 

Wann ist eine Abschalteinrichtung illegal?

Als Abschalteinrichtung lässt sich eine Manipulationssoftware beschreiben, die die Abgasreinigung eines Fahrzeugs unter bestimmten Bedingungen herunterfährt oder sogar komplett abschaltet. Das führt dazu, dass die betroffenen Fahrzeuge im Anschluss unerlaubt viele Schadstoffe emittieren. Legal ist die Verwendung einer solchen Software nur, wenn dadurch unmittelbare Fahrzeugschäden oder Gefahrensituationen verhindert werden.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stellte diesbezüglich im vergangenen Jahr klar, dass Abschalteinrichtungen illegal seien, wenn sie zu einer unterschiedlichen Abgasreinigung zwischen Prüfstand und Normalbetrieb führen. Zudem seien Abschalteinrichtungen nicht zu rechtfertigen, wenn diese lediglich dem herkömmlichen Fahrzeugverschleiß entgegenwirken.

 

Mercedes E-Klasse emittiert nach wenigen Kilometern unerlaubt viele Schadstoffe

Vor diesem Hintergrund scheint sich für die Abschalteinrichtungen, die Mercedes verwendet hat, keine Rechtfertigung zu finden. Im Gegensatz: Aus dem DUH-Gutachten geht sogar ein besonders dreister Betrugsfall seitens Daimlers hervor.

Demnach schaltet das begutachtete Fahrzeug – eine Mercedes-Benz E-Klasse aus dem Baujahr 2016 – ab einer Laufleistung von etwa 3000 Kilometern quasi komplett in einen schmutzigen Modus und emittiert dauerhaft deutlich mehr Schadstoffe, als es eigentlich erlaubt wäre.

Der verantwortliche Gutachter, der auch bereits Abschalteinrichtungen von VW entdeckte und technisch einordnete, sieht darin den endgültigen Beweis für die Manipulation von Mercedes-Fahrzeugen. Dadurch, dass das betroffene Auto als Neufahrzeug in einem umweltfreundlichen Modus unterwegs ist, besteht es auch problemlos jeden Abgastest. Nach nur wenigen Fahrten stoßen die manipulierten Mercedes-Autos dann aber unerlaubt viele Schadstoffe aus. Das ist illegal.

 

Mercedes-Fahrzeuge hätten sauber sein können

Technisch wäre es sogar möglich gewesen, dass die betroffene E-Klasse die vorgeschriebenen Schadstoffgrenzwerte einhält. Das lässt sich dadurch beweisen, dass der PKW nach einem durchgeführten Software-Update dauerhaft in einem umweltfreundlichen Modus unterwegs ist.

Allerdings nahm dadurch auch der AdBlue-Verbrauch deutlich zu, was wiederum dazu führte, dass diese Flüssigkeit regelmäßig nachgefüllt werden muss. Genau das sollten die Daimler-Entwickler aber verhindern.

 

Was hat der AdBlue-Verbrauch mit dem Abgasskandal zu tun?

AdBlue ist eine wässrige Harnstofflösung, die bei Dieselmotoren eingesetzt wird, um eine Reduktion der ausgestoßenen Stickoxide mittels selektiver katalytischer Reduktion herbeizuführen. Das bedeutet, dass der Stickoxid-Ausstoß von Diesel-Fahrzeugen durch die Einspritzung von AdBlue wesentlich verringert werden kann. Damit dies richtig funktioniert, muss die Flüssigkeit aber regelmäßig nachgefüllt werden. Passiert dies nicht, lässt sich der Motor nicht länger starten.

Daimler stellte seine Entwickler diesbezüglich vor die Herausforderung, den AdBlue-Tank so klein zu gestalten, dass noch genug Platz für den Kofferraum vorhanden ist. Gleichzeitig sollte aber auch gewährleistet werden, dass die Flüssigkeit zwischen Serviceterminen nicht selbst nachgefüllt werden muss.

Um dieses Ziel zu erreichen, setzte Daimler letztlich auf eine Manipulationssoftware, die den AdBlue-Verbrauch einfach nach einer gewissen Kilometerzahl verringerte und den Stickoxid-Ausstoß dementsprechend erhöht. Daimler nahm also unter anderem bewusst in Kauf, Menschen gesundheitlich zu schädigen und riskierte sogar eine Stilllegung der betroffenen Fahrzeuge. Schließlich erfüllten diese die vorgeschriebenen EU-Umweltrichtlinien zu kaum einem Zeitpunkt.

 

Betroffene Halter haben ggf. Anspruch auf Schadensersatz

Betroffene Mercedes-Halter sollten sich unbedingt bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten in der Sache beraten lassen. Der Abgasskandal hat nämlich unter anderem zu einer allgemein gesunkenen Nachfrage nach Diesel-Fahrzeugen geführt und dementsprechend auch zu enormen Wertverlusten von nachweislich manipulierten Autos.

Betroffene PKW-Besitzer haben deshalb grundsätzlich die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche in der Sache durchzusetzen und können sich diesbezüglich kostenfrei beraten lassen. Weitere Informationen zu den Rechtsansprüchen im Rahmen des Abgasskandals stehen unter diesem Link zur Verfügung.

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