Das neue „Lieferkettengesetz“ – Menschenrechte garantiert? 

7. Januar 2023
Zum 01. Januar 2023 trat das neue Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (LkSG) in Deutschland in Kraft. Mit diesem sollen Menschenrechtsverletzungen auch in Zulieferbetrieben des EU-Auslands ausgeschlossen werden.

Viele Produkte in Deutschland wurden ausschließlich im EU-Ausland produziert oder enthalten zumindest Komponenten beziehungsweise Rohstoffe aus dem Ausland. In vielen Ländern gelten jedoch keine mit Deutschland vergleichbaren Standards im Hinblick auf die Einhaltung von Arbeitsschutz- und Menschenrechten im Rahmen der Herstellung oder auch Rohstoffgewinnung. 

Für wen gilt und wie funktioniert das LkSG? 

Das LkSG gilt ab seiner Einführung zunächst für sämtliche Unternehmen mit Sitz und mindestens 3.000 Arbeitnehmern in Deutschland. Es verpflichtend die betroffenen Betriebe, sich die Einhaltung eines Katalogs von bestimmten Umwelt- und Arbeitsrechtstandards von ihren Zulieferern vertraglich zusichern zu lassen. Der Katalog betrifft unter anderem:
 

  • Arbeitsschutzmaßnahmen; 
  • Die Durchsetzung von Mindestlöhnen; 
  • Das Recht Arbeitnehmerkoalitionen (wie etwa Gewerkschaften) zu bilden;  
  • Diskriminierungsverbote; sowie  
  • Verbote von Zwangs- und Kinderarbeit.
     

Zusätzlich sind die betroffenen Unternehmen verpflichtet, die Risiken für eine Verletzung der gesetzlichen Standards intern zu analysieren und entsprechende Erkenntnisse in einem jährlich zu veröffentlichenden Bericht zusammenzufassen. 

Über die Einhaltung dieser Vorgaben wacht das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), welches zu diesem Zweck mit umfassenden Kompetenzen ausgestattet wurde. Neben Ermittlungskompetenzen, wurde dieses insbesondere in die Lage versetzt, Bußgelder zu verhängen. Diese können im Extremfall bis zu 2 Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes betragen. Möglich ist aber auch ein Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge. 

Haftung für Verstöße der Zulieferer? 

Eine privatrechtliche Haftung sieht das LkSG derzeit nicht vor. Eine solche würde bedeuten, dass geschädigte Arbeitnehmer der Zulieferbetriebe direkt gegen das deutsche Abnehmerunternehmen vorgehen können, um gegebenenfalls Schadensersatz oder Schmerzensgeld zu verlangen. 

Auch ohne eine direkte Verankerung im LkSG besteht diese Möglichkeit jedoch grundsätzlich. So wurde etwa im Januar 2019 durch das Landgericht Dortmund über eine solche Haftung im Rahmen eines im September 2012 ausgebrochene Brand in einer pakistanischen Textilfabrik entschieden. 

Die hiesigen Kläger – Arbeitnehmer oder auch Hinterbliebene von bei dem Brand verstorbenen Arbeitnehmern – verlangten jeweils die Zahlung von Entschädigungs- und Schmerzensgeld beziehungsweise eine Schadensersatzzahlungen von dem deutschen Abnehmer der Textilfabrik.  

Das Landgericht wies die Klage jedoch letztendlich ab (Urteil vom 10.01.2019, Az. 7 O 95/15), denn eine Haftung kam weder nach deutschem noch nach dem primär anzuwendenden Recht des Zulieferbetriebes nicht in Betracht.  

Auch in Zukunft dürfte es sich schwierig gestalten, eine direkte Haftung durchzusetzen, wenn das Recht des jeweiligen Heimatlandes des Betriebes in dem Verstoß kein illegales Verhalten oder eine Verletzung von Sorgfaltspflichten sieht. 

Noch sind viele Fragen offen 

Ungeklärt bleibt zudem auch, ob und wie das Gesetz auf Arbeiter von Zulieferbetrieben anwendbar sein wird, wenn diese gar keinen Arbeitsvertrag haben. Gerade in Ländern, in welchen schwerwiegende Verstöße wie Kinderarbeit vorkommen, ist dies oft nicht die Regel. Auch im Hinblick auf Zwangsarbeiter stellt sich diese Frage. 

Ebenfalls offen bleibt vorerst, ob deutsche Unternehmen auf die Zusammenarbeit mit ausländischen Betrieben verzichten können oder müssen, wenn sich diese einer Unterzeichnung entsprechender Erklärungen insgesamt verweigern. Insbesondere in Bezug auf China, bleibt es fraglich, ob dortige Unternehmen sich zur Einhaltung deutscher Gesetze verpflichten, obwohl diese als Zulieferer derzeit in vielen Fällen alternativlos sind. 

Zusammenfassung 

Das LkSG ist ein wichtiger Schritt hiesige Grundstandards der Arbeitnehmerrechte und des Arbeitnehmerschutzes auch auf ausländische Unternehmen zu übertragen. Noch können in Deutschland agierende Unternehmen sich viel zu oft mit hohen Standards brüsten, während Partner im Ausland unter prekären Bedingungen für diese produzieren. 

Trotz dessen muss klar sein, dass das LkSG nur ein erster Schritt sein kann und in Bezug auf die offenen Fragen und Problemstellungen der Anpassung bedarf, um Verbrauchern Produkte zu garantieren, welche bedenkenlos gekauft und konsumiert werden können.