CO2-Ausgleich – zahlen und mit ruhigem Gewissen fliegen?
Kohlendioxid (CO2) ist das bei weitem bekannteste Treibhausgas und größter Treiber des Klimawandels. Diesem folgen Methan (CH4) und Lachgas (N2O). Allein in Deutschland wurden im Jahr 2021 etwa 678 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen, der Hauptteil hiervon durch Verbrennungsvorgänge in Industrieanlagen und Motoren.
In der öffentlichen Diskussion stehen oft die durch private Nutzung von Automobilen und durch Flugreisen verursachten CO2-Emissionen im Vordergrund. Während für Autofahrer der Umstieg auf das Elektroauto als umweltschonende Alternative gilt, bleibt Flugreisenden nur der Verzicht oder die Investition in Maßnahmen zum CO2-Ausgleich.
Kompensation durch Gegenmaßnahmen
Der Gedanke hinter den angebotenen Kompensationsmaßnahmen ist simpel: Für den Klimawandel ist es unerheblich, wo Treibhausgase ausgestoßen werden. Allein die Menge ist entscheidend. Wer also hier CO2-ausstößt, jedoch woanders für entsprechende Einsparungen sorgt, handelt dieser Logik nach zumindest klimaneutral.
Doch wie werden die entsprechenden Einsparungen tatsächlich bewerkstelligt? In aller Regel kauft das Flugunternehmen oder der jeweilige Kompensationsanbieter zu diesem Zweck sogenannte Emissionsminderungsgutschriften (oft auch als Zertifikate bezeichnet). Diese verkörpern eine bestimmte Menge an einem Treibhausgas oder Treibhausgasen, welche durch ein Klimaschutzprojekt an anderer Stelle ausgeglichen wird. Dies kann etwa durch das Pflanzen von Bäumen oder auch den Erhalt von Wäldern geschehen.
Wichtig hierbei ist, dass die entsprechende Gegenmaßnahme ohne das Projekt, welches die Gutschriften ausstellt, nicht stattgefunden hätte. Wäre dies nicht der Fall, würde nämlich nichts eingespart werden, sondern lediglich bestehenden Bemühungen ein zusätzlicher Marktwert verliehen.
Wirksamkeit oft unklar
Gerade hinter der letztgenannten Voraussetzung steckt jedoch häufig ein erhebliches Problem der Emissionsgutschriften. Da sich die Zertifikate oftmals auf ein Unterlassen (ein Wald wird nicht abgeholzt) beziehen, steht die Frage im Raum, ob tatsächlich das Projekt den CO2-Ausstoß verhindert oder dieser auch ohne fremdes Zutun gar nicht eingetreten wäre.
Um hier Abhilfe und Transparenz zu schaffen, bestehen verschiedene Zertifizierungsmodelle, welche die Glaubwürdigkeit des jeweiligen Klimaprojektes überprüfen beziehungsweise unterstreichen sollen (so etwa: Clean Development Mechanism (CDM), Verified Carbon Standard (VCS) und Gold Standard). Die Voraussetzungen der Verleihung und insbesondere die Tiefe stattfindender Überprüfungen, können sich jedoch deutlich unterscheiden.
Ausführliche Informationen zu den einzelnen Siegeln finden Sie etwa hier in dem entsprechenden Ratgeber des Umweltbundesamtes.
Kritiker bezweifeln Wirksamkeit von Ausgleichsmaßnahmen
Der Handel mit Emissionsgutschriften stößt – sowohl in Bezug auf den industriellen als auch privaten Sektor – oftmals auf Kritik. Nicht selten wird hervorgehoben, dass der Handel im Idealfall ein Nullsummenspiel zur Folge haben könnte, aufgrund der teils fragwürdigen Zertifizierungen jedoch tatsächlich meist gänzlich ohne Auswirkungen bleibe.
Klimaschädliches Verhalten werde daher letztlich vereinfacht, da Verbrauchern und Industrie eine bezahlbare, jedoch oft falsche Rechtfertigung an die Hand gegeben wird und Einsparungen werden verhindert.
Zusammenfassung
Auch ohne aufwendige Zertifizierung dürfte nachvollziehbar sein, dass der Verzicht auf eine Flugreise der effizienteste Weg ist die eigenen Treibhausemissionen beim Reisen zu reduzieren. Wer trotzdem fliegen möchte, für den kann der Kauf von Emissionsgutschriften jedoch eine Möglichkeit darstellen, seiner Umwelt nicht zu schaden.
Wichtig ist hier vor allem die Qualität der Zertifizierung des Ausgleichs, welche sicherstellen sollte, dass hier nicht nur das eigene Gewissen, sondern tatsächlich auch die Umwelt geschützt wird.