BGH stärkt Verbraucherrechte im Abgasskandal

21. Dezember 2021
Einige Auto-Kreditverträge enthalten Klauseln, die eine Fahrzeug-Rückgabe nach der Tilgung der letzten Kreditrate ermöglichen. Der BGH entschied nun, dass die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen im Abgasskandal auch dann möglich ist, wenn eine solche Klausel zuvor ungenutzt blieb.

In der vergangenen Woche haben sich die obersten Zivilrichter Deutschlands erstmals mit den Abgasmanipulationen von Audi auseinandergesetzt. Am Bundesgerichtshof (BGH) klagte der Besitzer eines manipulierten Audi A6 Avant. Weil der Kläger ein in seinem Darlehensvertrag verbrieftes Rückgaberecht ungenutzt ließ, wies das Oberlandesgericht (OLG) Celle seine Schadensersatzforderungen in der Vorinstanz ab. Dieser Rechtsauslegung widersprachen die BGH-Richter nun und stärkten damit die Verbraucherrechte von betroffenen PKW-Haltern.

BGH-Richter: Schadensersatzforderung ist trotz Rückgaberecht möglich

Konkret hätte der Kläger laut seines Finanzierungsvertrages die Möglichkeit gehabt, sein Fahrzeug nach der Tilgung der letzten Kreditrate zu einem vorab festgelegten Preis an die Audi Bank zurückzugeben. Davon machte der Kläger allerdings keinen Gebrauch. Stattdessen ging er juristisch gegen Audi vor, nachdem sein Fahrzeug wegen des Abgasskandals von einem amtlichen Rückruf betroffen war. Er forderte die Rücknahme seines Fahrzeugs, um im Gegenzug Schadensersatz zu erhalten.

Während die Klage am OLG Celle aufgrund des ungenutzten Rückgaberechts keinen Erfolg hatte, führten die BGH-Richter aus, dass ein Schaden beim Abschluss eines Vertrages entstehe und durch ein verbrieftes Rückgaberecht nicht verfalle. Demnach könne es für betroffene Fahrzeughalter wirtschaftlich sinnvoller sein, Schadensersatzansprüche durchzusetzen. Daher verwiesen die BGH-Richter den Fall zurück an das Oberlandesgericht, wo der Fall nun neu aufgerollt wird.

BGH-Kläger hat nun beste Aussichten auf Schadensersatz

Rechtsexperten gehen davon aus, dass die Schadensersatzansprüche des Klägers nun am OLG Celle bestätigt werden. Auch diesbezüglich wurden in der vergangenen Woche positive Signale gesendet, denn eigentlich sollte es am BGH um zwei Fälle gehen.

In einem weiteren Verfahren hatte der Kläger trotz seines ungenutzten Rückgaberechts bereits in der Vorinstanz Erfolg. In diesem Fall zog Audi allerdings kurz vor dem BGH-Termin die Revision zurück und zahlte dem Kläger Schadensersatz. Verbraucheranwälte argumentierten, dass Audi dies tat, um ein Grundsatzurteil vor dem Bundesgerichtshof zu vereiteln. Hätte der Ingolstädter Autobauer seine Erfolgschancen vor dem BGH als gut bewertet, hätte Audi dem Kläger schließlich nicht freiwillig Schadensersatz gezahlt.

Die Chronologie des Audi-Abgasskandals

Nachdem der VW-Abgasskandal 2015 bekannt wurde, war schnell klar, dass die manipulierten VW-Motoren auch in Audi-Fahrzeugen verbaut wurden. Knapp zwei Jahre später gerieten zudem auch von Audi entwickelte 3.0- und 4.2-Liter-Diesel-Motoren ins Visier der Ermittler. Die Motoren mit den Bezeichnungen EA896, EA897 und EA898 wurden nicht nur in Audi-Fahrzeugen, sondern auch in Autos von Porsche und Volkswagen verbaut.

Seit Ende 2017 kam es weltweit zu dem Rückruf von rund 500.000 Fahrzeugen wegen des Audi-Abgasskandals. Allein in Deutschland sind laut Audi rund 225.000 Autos von den Rückrufen betroffen. Seit September 2020 muss sich der ehemalige Audi-Chef, Rupert Stadler, gemeinsam mit mehreren Ex-Kollegen wegen der Manipulationen vor Gericht verantworten.

Audi-Abgasskandal: Verjährung der Rechtsansprüche droht

Betroffene Audi-Halter können sich juristisch gegen den Abgasskandal wehren und Schadensersatzansprüche durchsetzen. Zivilrechtliche Ansprüche wie im Abgasskandal lassen sich allerdings nicht unbegrenzt lang geltend machen. Ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme der betroffenen Person haben diese drei Jahre lang bis zum Jahresende Zeit, um ihre Ansprüche juristisch geltend zu machen.

Da viele Fahrzeuge mit manipulierten Audi-Motoren bereits im Jahr 2018 zurückgerufen wurden, droht also eine Verjährung der eigenen Rechtsansprüche zum 01. Januar 2022. Wer seine Rechte bislang nicht geltend gemacht hat, sollte sich daher zumindest dahingehend beraten lassen, welche rechtlichen Optionen in der Sache bestehen. Schließlich ist den betroffenen Verbrauchern teilweise ein enormer Schaden entstanden.

Wir vom Verbraucherschutzverein Berlin/Brandenburg (VSVBB) informieren die Halter von manipulierten Fahrzeugen gern über ihre rechtlichen Möglichkeiten in der Sache und verbinden sie mit seriösen Rechtsanwaltskanzleien, die sich auf die Durchsetzung von Verbraucherrechten im Abgasskandal spezialisiert haben. Hierfür arbeiten wir mit renommierten Kanzleien zusammen, die in den vergangenen Jahren unter anderem wichtige Grundsatzurteile vor dem BGH erstritten haben.

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Vom Kleinwagen bis hin zum Wohnmobil sind deutschlandweit mehrere Millionen Autos vom Abgasskandal betroffen. Die Halter dieser Autos können hohe Entschädigungsansprüche geltend machen, denn die manipulierten Fahrzeuge haben unter anderem stark an Wert verloren.
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