Beitragsrückerstattungen – BGH entscheidet zu Gunsten von Fitnessstudio-Mitgliedern

25. Mai 2022
Viele Studios vereinnahmten während des pandemiebedingten Lockdowns weiterhin Beiträge. Zu Unrecht, stellte der Bundesgerichtshof nun fest.

Nicht wenige Fitnessstudios verlangten trotz Schließung während der Corona-Pandemie weiterhin Mitgliedsbeträge oder verlängerten Verträge ohne Zustimmung des Kunden. Der Bundesgerichtshof (BGH) schob dieser Praxis nun einen Riegel vor. Für betroffene Kunden heißt das Urteil vor allem, dass grundlos gezahlte Beträge zurückgeholt werden können.  

Studios verlangten während der Schließung weiterhin Gebühren 

Der BGH entschied mit Urteil vom 04. Mai, dass Fitnessstudiobetreiber während des Corona-Lockdowns vereinnahmte Mitgliedsbeiträge nicht schlicht im Wege einer “Gutschrift über Trainingszeit” verrechnen können (Az. XII ZR 64/21). 

Dem Urteil zugrunde lag der Fall eines Klägers aus Niedersachsen, dessen Fitnessstudio – wie die Mehrzahl der Studios deutschlandweit – während der Coronapandemie aufgrund gesetzlicher Anordnung zeitweise schließen musste. Die Mitgliedsbeiträge für den betreffenden Zeitraum zog dieses jedoch trotzdem weiterhin ein.  

Der Kläger kündigte seinen Vertrag ordentlich und verlangte erfolglos eine Rückerstattung für die während der Schließung vereinnahmten Beiträge. Das Studio bot diesem lediglich an, für eine Zeitspanne in Länge des Lockdowns kostenfrei trainieren zu können. Statt jedoch die sinnlos gezahlten Beiträge mit den noch ausstehenden zu verrechnen, sollte sich der Vertrag um die Zeitspanne der Schließung verlängern.  

Der Kläger lehnte diese Handhabung ab. Nachdem seine Aufforderung zur Rückzahlung vergeblich blieb, wandte sich der Sportbegeisterte an das zuständige Amtsgericht Papenburg – mit Erfolg.  Dieses verurteilte das Studio zur Rückzahlung der Beiträge in Höhe von ca. 87 Euro (Urteil vom 18.12.2020, Az. 3 C 337/20). Gleiches galt für das Landgericht Osnabrück (Urteil vom 09.07.2021, Az. 2 S 35/21) sowie nun auch für den BGH, an welche sich das Fitnessstudio wandte, um gegen die erstinstanzliche Entscheidung vorzugehen. 

Studiovertrag dient der regelmäßigen sportlichen Betätigung  

Der BGH als oberste Zivilinstanz beurteilte die Causa nun abschließend. Ein Recht der Studiobetreiber trotz Schließung Mitgliederbeiträge abzurufen, bestand nicht. Die hierfür notwendige Berufung auf den sogenannten Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) komme im Hinblick auf die zwangsweise Schließung der Fitnessstudios nicht in Frage. Denn hierfür dürfe es keine einschlägige rechtliche Regelung der Situation geben, eine eben solche wurde jedoch mit Erlass des sogenannten Gutscheingesetzes (§ 5 EGBGB) eingeführt. 

Da der Gesetzgeber die Situation also offenbar erkannt hat und gerade keine Verlängerung bzw. Verschiebung zu Lasten des Kunden anordnete, scheide eine Vertragsanpassung auf Grundlage des § 313 BGB aus.  

Der BGH bestätigte allerdings die Option der Studios, Zahlungen einzubehalten und Gutscheine für einen späteren Zeitpunkt auszugeben. Diese Regelung greift laut Gesetz allerdings nur für Verträge über Fitnessstudiomitgliedschaften oder auch Veranstaltungsteilnahmen, welche vor dem 08. März 2020 geschlossen wurden.   

Ein ganz entscheidender Unterschied besteht zudem darin, dass die ausgegebenen Gutscheine ab dem 01. Januar 2022 in Geld ausgezahlt werden müssen, wenn diese bis hierhin noch nicht eingelöst wurden. 

Wie kann ich mein Geld zurückbekommen? 

Sollte auch Ihr Fitnessstudio Ihnen die Rückzahlung zu Unrecht vereinnahmter Beträge verweigern, dürften sich Ihre Chancen auf eine Rückzahlung mit dem Urteilsspruch des BGH deutlich verbessert haben. 

Aufgrund der klaren Entscheidung der obersten Zivilrichter zugunsten betroffener Kunden ist hier grundsätzlich nicht mehr damit zu rechnen, dass Studios eine gerichtliche Auseinandersetzung weiterhin als Option ansehen. 

Wir empfehlen daher – auch wenn dies schon geschehen sein sollte – Kontakt zu Ihrem Fitnessstudio aufzunehmen und unter Hinweis auf das aktuelle BGH-Urteil die Rückerstattung Ihrer Beiträge zu verlangen. Einen entsprechenden Musterbrief finden Sie hier. Dieser sollte unbedingt per Einschreiben versandt werden, um die Zahlungsaufforderung zu einem späteren Zeitpunkt nachweisen zu können.  

Sollte Ihr Studio eine Rückzahlung trotzdem verweigern, bleibt nur der Gang zu einem Anwalt. Die hierbei entstehenden Kosten muss Ihnen Ihr Studiobetreiber erstatten. 

Rückzahlungen nicht immer sinnvoll 

Die Rückforderung überzahlter Beträge macht nur dann Sinn, wenn Sie Ihren Vertrag zuvor ordentlich gekündigt haben, Ihr Studio eine Anrechnung der Beträge auf die Nutzungszeit nach dem Lockdown verweigert oder Ihre Kündigung grundlos erst zu einem späteren Zeitpunkt bestätigt hat.  

Auch von letzterem Vorgehen berichten derzeit viele Verbraucher. Hier ist davon auszugehen, dass die Betreiber bestehende Verträge aufgrund der Zeitspanne des Lockdowns stillschweigend verlängern wollen. Auch hier kann unser Musterbrief verwendet werden. Zudem sollte die Einzugsermächtigung des Betreibers ab dem Zeitpunkt der eigentlichen Wirksamkeit der Kündigung per Einschreiben mit Rückschein widerrufen werden, um eine weitere Erhöhung des Schadens zu vermeiden.  

Zusammenfassung 

Mit der Entscheidung des BGH herrscht nun endlich Klarheit über die Handhabung von Fitnessbeiträgen während des Corona-Lockdowns. Ob sich die Studios jedoch auch nach dieser Entscheidung richten oder weiterhin versuchen zumindest einige Verbraucher durch Verzögerungstaktik von der Durchsetzung ihrer Ansprüche abzuhalten, bleibt abzuwarten. 

Wenn auch Sie trotz Schließung Mitgliedsbeiträge an Ihr Sportstudio entrichtet haben und diese nun zurückfordern wollen, finden Sie hier ein entsprechendes Musterschreiben