Die Mercedes-Musterfeststellungsklage: Vor- und Nachteile
Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz wird zeitnah das Klageregister für die Abgasskandal-Musterfeststellungsklage gegen den Mercedes-Benz-Mutterkonzern, Daimler, öffnen. Die Klage soll es bis zu 50.000 Mercedes-Benz-Haltern ermöglichen, kostenfrei zu Rechtssicherheit im Abgasskandal zu kommen, ohne den Eintritt einer möglichen Verjährung zu riskieren.
Die Musterfeststellungsklage wurde vom Gesetzgeber geschaffen, um einer Vielzahl gleichartig geschädigter Verbraucher gebündelt zu Rechtssicherheit zu verhelfen. Von einer Sammelklage grenzt sich die Musterfeststellungsklage insofern ab, da Rechtsansprüche mit der Musterklage nicht durchgesetzt, sondern nur geprüft werden. Wird eine Musterfeststellungsklage durch ein Urteil erfolgreich beendet, werden die Klage-Teilnehmer also nicht automatisch entschädigt.
Wer kann sich an der Musterfeststellungsklage gegen Mercedes beteiligen?
An der Musterklage gegen Daimler können sich die Halter der Mercedes-Benz-Modelle GLC und GLK mit dem Dieselmotor des Typs OM651 beteiligen. Das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt ordnete im Jahr 2018 einen Rückruf dieser Fahrzeuge an, da die SUVs Abschalteinrichtungen enthalten, die sich auf ihre Abgasreinigung auswirken. Das bedeutet, dass die Fahrzeuge während Abgastests vorgeben, sauber zu sein. Im Normalbetrieb stoßen sie jedoch unerlaubt viele Schadstoffe aus.
Volkswagen konnte im Mai 2020 bereits nachgewiesen werden, dass sich das Unternehmen bei dem Einbau solcher Abschalteinrichtungen sittenwidrig verhalten hat. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe entschied deshalb, dass betroffene PKW-Besitzer Anspruch auf Schadensersatz haben. Einige deutsche Gerichte haben auch Daimler bereits zur Zahlung von Schadensersatz wegen des Abgasskandals verurteilt. Eine Grundsatzentscheidung in der Sache steht jedoch noch aus. Hier setzt die Musterfeststellungsklage an.
Die Vorteile der Musterklage
Ein Vorteil der Musterfeststellungsklage besteht darin, dass die Teilnahme an der Klage gratis ist. Besonders wichtig ist zudem, dass die Teilnahme an der Musterklage zu einer Hemmung der zivilrechtlichen Verjährungsfrist in Höhe von drei Jahren führt. Das bedeutet, dass die Teilnehmer der Musterklage nach einem erfolgreichen Urteil oder einem Vergleich die Möglichkeit haben, ihre Rechte innerhalb von sechs Monaten durchzusetzen, ohne eine Verjährung zu riskieren.
Letzteres gilt auch für Klage-Teilnehmer, die sich in das Klageregister ein- und vor dem Beginn der ersten mündlichen Verhandlung wieder ausgetragen haben. Hierbei spielt es zudem keine Rolle, ob die eigenen Rechtsansprüche zum Zeitpunkt des Ein- oder Austragens eigentlich schon verjährt wären. Davon profitieren auch Mercedes-benz-Besitzer.
Das Kraftfahrt-Bundesamt ordnete den Rückruf der manipulierten GLC- und GLK-Modelle im Jahr 2018 an. Die Halter dieser Fahrzeuge erfuhren also zu diesem Zeitpunkt davon, dass ihr Auto vom Abgasskandal betroffen ist. Das bedeutet, dass eine Verjährung ihrer zivilrechtlichen Ansprüche zum 01. Januar 2022 droht. Die Teilnahme an der Musterfeststellungsklage kann dies jedoch verhindern.
Die Nachteile der Musterfeststellungsklage gegen Daimler
Kritik an der Musterfeststellungsklage gegen Daimler kam im Vorfeld vor allem deshalb auf, weil sich die Klage nur an einen Teil der Halter von zurückgerufenen Mercedes-Autos richtet. Während die VW-Musterfeststellungsklage insgesamt 2,4 Millionen Fahrzeughaltern von manipulierten Autos von Audi, Seat, Skoda und VW offenstand, können sich höchstens 50.000 Verbraucher an der Klage gegen Daimler beteiligen, obwohl deutschlandweit mehr als eine halbe Million Mercedes-Autos wegen des Abgasskandals zurückgerufen wurden.
Zudem ist es unwahrscheinlich, dass sich tatsächlich alle Halter der 50.000 zurückgerufenen Autos erfolgreich an der Klage beteiligen können. Die Klage richtet sich nämlich ausschließlich an Fahrzeugbesitzer, die ihre Autos privat nutzten. Gerade Autos in der Preisklasse des GLCs und GLKs werden jedoch häufig von Selbstständigen und Unternehmen gekauft. Diese dürfen sich allerdings nicht an der Musterklage beteiligen.
Ob die Teilnahme an der Klage korrekt ist, wird zudem erst zum Ende der Klage geprüft. Dadurch kann es vorkommen, dass sich Verbraucher in das Klageregister eintragen, obwohl diese eigentlich gar nicht klageberechtigt sind. Dies war im Rahmen der VW-Musterfeststellungsklage der Fall und führte dazu, dass letztlich nur 260.000 der mehr als 400.000 Kläger auf das ausgehandelte Vergleichsangebot der Klage eingehen konnten. Die anderen rund 150.000 Personen mussten zu großen Teilen die Verjährung ihrer Rechtsansprüche akzeptieren.
Alternativen zur Mercedes-Musterfeststellungsklage
Wer an der Mercedes-Musterfeststellungsklage teilnehmen möchte, sollte sich unbedingt im Vorfeld informieren, ob die Teilnahme tatsächlich berechtigt ist. Der VSVBB unterstützt Verbraucher dabei, dies herauszufinden und trägt betroffene Mercedes-Benz-Besitzer sogar kostenfrei in das Klageregister ein.
Wer nicht klageberechtigt ist oder eine Teilnahme an der Musterklage aus anderen Gründen ausschließt, hat im Übrigen trotzdem die Möglichkeit, erfolgreich Schadensersatzansprüche im Mercedes-Abgasskandal durchzusetzen. Dies ist auch im Rahmen einer Einzelklage oftmals ohne Kostenrisiko möglich – selbst, wenn keine Rechtsschutzversicherung vorhanden ist.
Sogenannte Prozesskostenfinanzierer übernehmen nämlich bei Bedarf die vollständigen Verfahrenskosten von betroffenen PKW-Besitzern und beziehen ausschließlich im Erfolgsfall eine Provision, die von der jeweiligen Entschädigungssumme abgezogen wird. Selbst im Fall einer juristischen Niederlage entstehen den Klägern in diesem Fall keine Kosten. Der VSVBB arbeitet ausschließlich mit einem Netzwerk an Rechtsanwälten zusammen, die ihren Mandanten eine risikofreie Rechtsdurchsetzung offerieren können.