Lohnungleichheit – EU-Verordnung erweitert Auskunftsansprüche
Noch immer verdienen Frauen in Deutschland durchschnittlich 18 Prozent weniger Gehalt als Männer. Hierauf weist nicht zuletzt der alljährliche Equal-Pay Day hin, welcher anzeigt, ab welchem Jahrestag Frauen bei gleicher Arbeit dasselbe Gehalt verdient haben, welches Männer bereits am 31. Dezember verdienten. Auch dieses Jahr mussten Frauen hierfür ganze drei Monate mehr arbeiten.
Entgelttransparenzgesetz als unzureichend kritisiert
Das Entgelttransparenzgesetz, welches hier Abhilfe schaffen sollte, sieht sich bereits seiner Einführung im Juli 2017 erheblicher Kritik ausgesetzt. Kern des Gesetzes ist der sogenannte Auskunftsanspruch, welcher es ermöglich soll, zumindest den Median der Gehälter von Personen in vergleichbaren Stellungen und so von einer gegebenenfalls bestehenden Diskriminierung zu erfahren.
Der Auskunftsanspruch wurde jedoch an derart hohe Voraussetzung geknüpft, dass dessen Nutzung noch hinter den – schon seitens der Bundesregierung niedrig angelegten – Erwartungen zurückblieb, so der Deutsche Juristinnenbund.
Grund hierfür ist unter anderem, dass das Gesetz für das Bestehen des Anspruches voraussetzt, dass der Betrieb des Arbeitnehmers mindestens 200 Beschäftigte aufweist. Schon hiermit fallen 99,3 Prozent der Betriebe innerhalb Deutschlands aus dem Anwendungsbereich.
Ebenfalls bemängelt wird, dass auch bei Geltendmachung des Auskunftsanspruches lediglich der Median der Vergleichsgehälter erfragt werden kann. Dieser sei jedoch häufig nicht dazu geeignet, das eigene Gehalt sinnvoll vergleichen zu können, da dieser unpräziser ist und Ausreißer – also besonders hohe Gehälter – eher unberücksichtigt lässt.
Geplante EU-Richtlinie soll Besserungen bringen
Eine derzeit geplante EU-Richtlinie zur Entgeltgleichheit soll hier schon bald Abhilfe schaffen. Durch die Richtlinie, über welche am 29. März abgestimmt werden soll, wird ein erweiterter Auskunftsanspruch etabliert. Die Richtlinie wurde bereits zwischen EU-Kommission, Parlament und Mitgliedsstaaten abgestimmt. Die Zustimmung des Parlamentes gilt daher als sicher.
Der erweiterte Auskunftsanspruch soll es Angestellten ermöglichen, das Durchschnittsgehalt für vergleichbare Positionen zu erfragen und dies aufgeschlüsselt nach Geschlecht. Außerdem entfällt die Beschränkung auf Betriebe mit 200 oder mehr angestellten ebenfalls.
Zudem sollen Frageverbote im Hinblick auf den Bewerbungsprozess sowie Transparenzpflichten eingeführt werden, um Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts zu verhindern.
Bundesarbeitsgericht verurteilt Arbeitgeber zu Lohnnachzahlung
Wie wichtig Transparenzpflichten sind, um eine Durchsetzung von Lohngleichheit zu ermöglichen, zeigte auch ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) aus dem Januar dieses Jahres.
Hier klagte eine Frau auf Nachzahlung der Lohndifferenz zu ihrem männlichen Kollegen. Dieser verdiente bei gleicher Arbeit ganze 1.000 Euro mehr pro Monat. Das Argument des Arbeitgebers – der Mann habe besser verhandelt – ließ das Gericht nicht gelten. Diese reiche nicht, um die nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgsetz (AGG) bestehende Vermutung zu widerlegen, dass eine Lohnungleichheit auf das Geschlecht zurückgehe.
Das Urteil gilt als Meilenstein für die Durchsetzung von Equal Pay. Um jedoch auch weiteren Betroffenen die Durchsetzung Ihrer Rechte zu ermöglichen, müssen diese zunächst von der ungleichen Bezahlung erfahren können. Hier sind also möglichst umfassende Transparenzpflichten dringend notwendig.
Zusammenfassung
Auch 2023 bleibt die Lohnungleichheit zwischen Mann und Frau ein ungelöstes Problem. Durch die erwartete EU-Richtlinie sowie durch die Änderungen innerhalb der Rechtsprechung, sind jedoch zumindest positive Entwicklungen hin zur Entgeltgleichheit zu vermelden.
Wann der Equal-Pay Day jedoch – wie vom Grundgesetz vorgeschrieben – auf den 31. Dezember fallen wird, ist derzeit noch nicht abzusehen. Dies auch, da neben der Lohnungleichheit auch Faktoren wie kinderbedingte Arbeit in Teilzeit eine erhebliche Rolle im Hinblick auf die Lohnunterschiede spielen.